FRIEDEBURG: Vermisst Andreas Grünjes (1995)

Das Verschwinden von Andreas Grünjes

Was ist Andreas Grünjes tatsächlich zugestoßen?


Dieser Vermisstenfall stammt aus dem Jahr 1995. Die Polizei geht stark davon aus, dass Andreas Grünjes ermordet wurde, aber eine Leiche wurde nicht gefunden, deshalb ist Andreas Grünjes weiterhin vermisst und der Fall gilt als ungelöst. Der Fall ereignete sich in Sande, Kreis Friesland, Niedersachsen.

Das Verschwinden von Andreas Grünjes gilt als ungeklärt.
Er ist seit November 1995 spurlos verschwunden.
Foto: Polizei

Der Fall Andreas Grünjes

Andreas Grünjes wurde am 31. April 1964 als Sohn von Heino und Hedwig Grünjes geboren. Über Andreas Grünjes Leben ist nur wenig bekannt. Er machte nach der Schule eine Ausbildung zum technischen Zeichner und arbeitete mehrere Jahre in diesem Beruf. Der damals 31-jährige Andreas Grünjes lebte im Jahr 1995 in Friedeburg, im Kreis Wittmund, Niedersachsen.

Andreas Grünjes lebte in Friedeburg im Kreis Wittmund. Er verschwand nach dem Besuch einer Diskothek in Sande, Kreis Friesland.
Sein Freund lebte in Zetel, Kreis Friesland. Diese drei Orte sind fur den Fall relevant.
Foto: Michelin

Arbeitslos geworden

Im November 1995 war der gelernte technische Zeichner, ohne feste Anstellung und somit arbeitslos. Das belastete den 31-jährigen sehr.

Besuch in der Diskothek

In der Nacht von 24. November auf den 25. November 1995 [Anm. Die Nacht von Freitag auf Samstag] besuchte der Arbeitslose technische Zeichner mit Stephan O. die Diskothek "Watt" [heute: "Twister"] in Sande. Sande ist eine Gemeinde im Landkreis Friesland, Niedersachsen, und ist nur wenige Kilogramm von Andreas Grünjes Wohnort Friedeburg entfernt. Stephen O. war ein guter Freund von Andreas Grünjes. Es sollte eigentlich ein schöner Abend werden, die beiden wollten den Alltagsstress hinter sich lassen und mit Freunde feiern. Der Abend sollte aber in einem Desaster enden.

Nach dem Verlassen der Diskothek "Watt" (Heute: Twitter) verschwand Andreas Grünjes spurlos.
Foto: Google

Lokalverbot/Hausverbot

Andreas Grünjes und Stephan O. erhielten beide Lokalverbot, weil Stephan O. lautstark pöbelte und in eine Rangelei mit dem Sicherheitspersonal verwickelt wurde. Dabei erlitt Stephan O. eine leicht blutende und oberflächliche Kopfverletzung. Nach  Aussagen von mehreren Zeugen waren Andreas Grünjes und sein Freund sehr betrunken. Andreas Grünjes verschwand irgendwann nach dem Besuch in der Diskothek in Sande.

Bei der Polizei als vermisst gemeldet

Die Familie von Andreas Grünjes meldete ihn relativ schnell bei der Polizei als vermisst, als sie ihn weder telefonisch erreichen konnten, noch war er an seiner Wohnadresse anzutreffen.

Was ist Andreas Grünjes tatsächlich in der Nacht des 25. November 1995 zugestoßen?
Foto: Polizei

Die Ermittlungen

Die Polizei wollte als erstes mit dem Freund von Andreas Grünjes sprechen, da beide schließlich zusammen unterwegs waren und er die letzte bekannte Person war, mit dem Andreas Grünjes kontakt hatte. Stephan O. gab bei der Polizei an, sich nicht mehr ein die Zeit nach dem Verlassen der Diskothek erinnern zu können. Er habe einen "Filmriss" gehabt und wäre erst am Sonnabendmittag in seiner eigenen Wohnung aufgewacht. Andreas Grünjes wäre nicht in der Wohnung gewesen. Der silberfarbe-hellblaue 3er BMW von Andreas Grünjes stand aber noch vor der Tür.



Der Verdächtige Stephan O.

Nach intensiven Ermittlungen schlossen die Ermittler ein freiwilliges Verschwinden, einen Suizid und einen Unfall aus. Sie gingen davon aus, dass Andreas Grünjes Opfer eines Verbrechens wurde. Dabei geriet Stephan O. immer mehr ins Visier der Ermittler. Die Ermittler waren sich sicher, dass Stephan O., den 31-jährigen Andreas Grünjes getötet hatte. Die Polizei glaubte, dass Andreas Grünjes noch in der Nach seines Verschwindens von Stephan O. getötet wurde, und der Körper von Andreas Grünjes in einer Mülltonne entsorgt wurde.

Wie kann man Stephan O. den Mord nachweisen?

Hier liegt das Problem in dem Fall, da schließlich bis dato keine Leiche gefunden wurde. Aber die Polizei hatte was anderes von Stephan O, nämlich sein Geständnis oder seine Geständnisse. Stephan O. hatte mehreren Personen erklärt, Andreas Grünjes getötet zu haben, zuletzt gestand er dies sogar gegenüber verdeckten Ermittlern. Das reichte der Staatsanwaltschaft, um Anklage gegen Stephan O. zu erheben.

Prozess im Jahr 2008

Der 31-jährige Stephan O. aus Zetel, wurde damals vor der Oldenburger Jugendkammer angeklagt, Andreas Grünjes aus Friedeburg in der Nacht vom 24. November auf den 25. November 1995, vor der Diskothek "Watt" [heute Twister] in Sande getötet und die Leiche in einen Müllcontainer geworfen zu haben. Es war ein reiner Indizienprozess.

Tatvorwurf ließ sich nicht beweisen

Die Richter der Oldenburger Jugendkammer hatten ihre Zweifel. Der Tatvorwurf konnte nicht nachgewiesen werden. Die Richter entschieden sich gegen eine Verurteilung des Angeklagten, denn der Tatvorwurf konnte nicht ausreichend genug bewiesen werden, deshalb hieß es "im Zweifel für den Angeklagten". Stephan O. wurde freigesprochen und durfte als freier Mann den Gerichtssaal verlassen.

Kammer konnte aber auch Unschuld nicht feststellen

Die Kammer habe allerdings auch nicht die Unschuld des Angeklagten Stephan O. feststellen können. Objektive Beweismittel hatte es nicht gegeben und die Leiche wurde auch nicht gefunden. Andreas Grünjes ist seit dem 25. November 1995 spurlos verschwunden.

Was war das Problem, denn es gab doch Geständnisse?

Das Problem in dem Verfahren waren nicht ein fehlendes Geständnis, sondern zu viele Geständnisse. Stephan O. hatte mehreren Personen erklärt, Andreas Grünjes getötet zu haben. Zuletzt hatte er dies sogar gegenüber verdeckten Ermittlern gestanden. Doch die Geständnisse waren in sich so widersprüchlich, dass das Gericht die Version des Angeklagten Stephan O. einfach nicht widerlegen konnte, alles nur aus Wichtigtuerei erzählt zu haben.

Sehr dünne Anklage

Die dünne Anklage hatte nur die "Geständnisse" von Stephan O. Dem Oldenburger Strafverteidiger, der Stephan O. anwaltlich vertrat, war es dann auch gelungen, die wenigen Indizien, die gegen seinen Mandanten sprachen, zu entkräften. Am Ende des Verfahrens blieb dann auch dem Oberstaatsanwalt nichts anderes übrig, als auf Freispruch zu plädieren.

Neues Gesetz und der Fall Frederike von Möhlmann

Frederike von Möhlmann war eine deutsche Schülerin. Sie fiel im Alter von 17 Jahren im November 1981 einem Sexualverbrechen zum Opfer. Ein Mordverdächtiger wurde zunächst verurteilt, dann rechtskräftig freigesprochen. DNA-Spuren, die damals noch nicht ausgewertet werden konnten, deuten jedoch auf seine Täterschaft hin.

Als Tatverdächtiger wurde Ismet H. ermittelt, ein junger Mann, der in Celle wohnte. Das Landgericht Lüneburg verurteilte ihn am 1. Juli 1982 zu lebenslanger Haft. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil jedoch auf und verwies den Fall an das Landgericht Stade, das Ismet H. 1983 freisprach. Ein wichtiges Beweismittel stellt Reifenspuren am Leichenfundort dar; umstritten war, ob diese von dem Wagen des Angeklagten stammen konnten.

Im Jahre 2012 ergab eine – in den 1980er-Jahren technisch noch nicht mögliche – DNA-Untersuchung von Spermaspuren auf einem Stück Toilettenpapier im Slip der Getöteten eine Übereinstimmung mit Ismet H. Zu einer Wiederaufnahme des Strafverfahrens kam es jedoch nicht, da eine solche nach § 362 a. F. Strafprozessordnung nur unter sehr engen Bedingungen möglich war und kein Geständnis von H. vorlag. Der 2021 neu eingeführte § 362 Nr. 5 Strafprozessordnung ermöglicht eine Wiederaufnahme jedoch auch, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht werden, die allein oder in Verbindung mit früher erhobenen Beweisen dringende Gründe dafür bilden, dass der freigesprochene Angeklagte wegen Mordes verurteilt wird. Infolgedessen befindet sich Ismet H. nach Beschluss des Landgerichts erneut in Untersuchungshaft.

Der Vater von Frederike von Möhlmann, Hans von Möhlmann, übergab im September 2016 dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eine Petition mit 105.000 Unterzeichnenden, die die Möglichkeit fordern, Verfahren wieder zu eröffnen, wenn neue wissenschaftliche Methoden eine Überführung des Täters möglich machen würden. Im Koalitionsvertrag der 19. Wahlperiode des Bundestages wurde vereinbart, dass 2020 ein Gesetz verabschiedet werden sollte, das eine Wiederaufnahme von Verfahren ermöglicht, wenn Beweisstücke, die zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bereits vorgelegen haben, durch neue technische Möglichkeiten ausgewertet werden können und sich dadurch ein neuer Verdacht ergibt. Das Gesetz wurde 2021 verabschiedet und trat am 30. Dezember 2021 in Kraft. Es schaffte für Morde, die nach dem 29. Dezember 1991 begangen wurden, außerdem die zivilrechtliche Verjährung ab.

Die Staatsanwaltschaft Verden beantragte daraufhin die Wiederaufnahme des Strafverfahrens. Mit Beschluss vom 25. Februar 2022 erklärte das Landgericht Verden die Wiederaufnahme für zulässig und ordnete gegen H. Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr an.

Ich möchte anhand dieses Falles nur andeuten, dass auch bei einem Freispruch sich kein Mörder mehr sicher sein kann, doch noch irgendwann verurteilt zu werden.

Die Nachwirkungen

Andreas Grünjes ist seit mittlerweile 26 Jahren spurlos verschwunden. Seine Familie hat einen Grabstein für Andreas auf dem Familiengrab aufstellen lassen, auch wenn bis heute seine sterblichen Überreste nicht gefunden wurden.

Das Grab der Familie Grünjes.
Foto: Ostfrieslandgrabsteine

Beschreibung von Andreas Grünjes
  • Andreas Grünjes wurde am 31. April 1964 geboren.
  • Er verschwand am 25. November 1995 spurlos aus Friedeburg, im Kreis Friesland.
  • Zum Zeitpunkt seines Verschwindens war er 21 Jahre alt.
  • Er war gelernter Technischer Zeichner, aber im November 1995 arbeitslos.
  • Andreas Grünjes war 1,86 Meter groß und schlank. 
  • Er hatte dunkelblonde Haare, ein schmales Gesicht, blauen Augen und Vollbart.
  • Er trug vor seinem Verschwinden einen schwarz-braunen Antik-Lederblouson, eine blaue Jeans Marke "Edwin", ein grau-beige kariertes Leinenhemd und braune Wildlederschuhe.
  • Der Verbleib von Andreas Grünjes ist bis heute ungeklärt.

Aktuelle Einstufung des Falls

Das Verschwinden von Andreas Grünjes wurde als Tötungsdelikt eingestuft.
Mittlerweile ist der Fall ein Cold Case. Aktuell wird in dem Fall nicht aktiv ermittelt.

Fragen der Ermittler:
  1. Wer hat Andreas Grünjes, am 25. November 1995, nach dem Verlassen der Diskothek "Watt" in Sande, noch einmal lebend gesehen oder gesprochen?
  2. Wer hat in der Nacht des 25. November 1995 rund um Sande und Friedeburg im Kreis Friesland, eine verdächtige Person oder ein verdächtiges Fahrzeug wahrgenommen?
  3. Wer hat andere Beobachtungen gemacht, die mit dem Verschwinden von Andreas Grünjes in Zusammenhang stehen könnten?
  4. Wer kennt den derzeitigen Aufenthaltsort von Andreas Grünjes?
  5. Wer hat Gerüchte über das Verschwinden von Andreas Grünjes oder dem Mord an ihm gehört?
  6. Wer weiß, wer oder was für das Verschwinden von Andreas Grünjes verantwortlich gewesen sein könnte?
  7. Wer hat sonstige Informationen über den Fall?

Hinweise bitte an das Polizeikommissariat Wittmund
Isumser Straße 1-3
26409 Wittmund,
unter der Rufnummer 04462 911-0 oder an jede andere Polizeidienststelle.

In eigener Sache

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Ich wurde mich freuen, wenn ihr mich auch dort unterstützt.

Liebe Grüße Natalia


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