COLD CASE DES MONATS: Tötungsdelikt z. N. von Brigitte Meier und Karin Gattiker (1982)

Der Mord an Brigitte Meier und Karin Gattiker

Wer tötete Brigitte Meier und Karin Gattiker?

Der Monat Mai ist schon ein paar Tage alt und ich habe mich leider mit dem neuen Cold Case des Monats etwas verspätet. Mir ist es dieses Mal wirklich schwer, den richtigen Fall für dieses Format auszuwählen. Ich habe mich für einen Cold Case aus der Schweiz entschieden, der schon über vier Jahrzehnte zurückliegt. Der Fall stammt aus dem Jahr 1982 und der Doppelmord ereignete sich in der Gemeinde Oberriet im Kanton Sankt Gallen, Schweiz.

Der Mord an Brigitte Meier [links] und Karin Gattiker [rechts] ist seit 1982 ungeklärt.
Wer tötete Brigitte und Karin?
Foto: Google 

Der Fall Brigitte Meier und Karin Gattiker

Brigitte Meier wurde im Jahr 1965 in der Schweiz geboren. Karin Gattiker wurde 1967 in der Schweiz geboren. Brigitte Meier und Karin Gattiker leben in Goldach im Kanton Sankt Gallen [SG]. Obwohl Brigitte Meier und Karin Gattiker auf unterschiedliche Schulen gehen, sind die beiden Mädchen befreundet und unternehmen gemeinsam viel. [Anm. Goldach ist eine politische Gemeinde im Kanton St. Gallen. Sie befindet sich im Wahlkreis Rorschach. Im Jahr 2021 hatte Goldach 9.521 Einwohner.]

Brigitte Meier war 17 Jahre alt und lebte mit ihrer Familie in Goldach im Kanton Sankt Gallen, Schweiz.
Foto: Polizei 


Karin Gattiker war 15 Jahre alt und lebte ebenfalls mit ihrer Familie in Goldach im Kanton Sankt Gallen, Schweiz.
Foto: Polizei 

Goldach [SG] ist eine kleine Gemeinde im Kanton Sankt Gallen, Schweiz und liegt am Bodensee.
Foto: Google Maps 

Die Fahrradtour 

Im Sommer 1982 haben die 17-jährige Brigitte Meier und die 15-jährige Karin Gattiker eine Fahrradtour geplant. Die Fahrradtour sollte über mehrere Tage durch das malerische Appenzellerland gehen. Die Fahrradtour sollte am 29. Juli 1982 [Donnerstag] in Goldach starten. Die Reise beinhaltete zwei Nächte und am Samstag [31. Juli 1982] sollten die Freundinnen wieder Zuhause in Goldach sein. Es sollten eigentlich auch noch mehrere andere Mädchen an der Fahrradtour teilnehmen, aber im letzten Moment war etwas dazwischen gekommen, also machten sich nur Brigitte Meier und Karin Gattiker auf den Weg.

Der erste Tag 

Am 29. Juli 1982 [Donnerstag] verließen die beiden Mädchen Karins Haus, wo sich Karins Mutter noch von ihnen verabschiedete. Die Frau bat ihre Tochter, jeden Tag zu Hause anzurufen, nur um kurz zu sagen, wo sie sind und ob alles in Ordnung ist. Die Route für den ersten Tag war so geplant, dass sie am Nachmittag den Ort Herisau erreichten, wo Karins Großmutter lebte. Die Mädchen sollten mit ihr zu Mittag essen und sich nach dem ersten Teil der Reise etwas ausruhen.

Das ist die Route, die die Mädchen am ersten Tag nahmen. 
Foto: Google Maps 

Das Wetter war an diesem Tag sehr schön. Brigitte und Karin waren begeistert von der Landschaft, an der sie vorbeifuhren. Sie genossen jeden Moment dieser Reise. Ihre Route führte unter anderem durch die schöne Stadt St. Gallen.

Foto auf der Wiese

In der Nähe von Herisau [Anm. Es ist nicht bekannt, wo genau das Foto gemacht wurde] fotografierte ein Mann die beiden Mädchen mit einer Kamera von Brigitte. Das ist bekannt, weil [was später von der Polizei ermittelt wird] Karin gegenüber ihrer Großmutter beim Abendessen erwähnte, dass ein netter Mann auf ihre Bitte hin ein Foto von ihr und Brigitte gemacht hat.

Das ist die letzte Aufnahme von Brigitte Meier und Karin Gattiker. Dieses Bild ist die gleiche Aufnahme wie weiter oben im Beitrag, nur in schwarz-weiß.
Foto: Google 

Mädchen setzten Reise fort

Wie geplant blieben die Mädchen noch eine Weile bei der Großmutter von Karin und setzen dann ihre Reise fort. Ihr nächstes Ziel war der Ort Schwende, wo sie in einer Jugendherberge übernachten wollten.
Dort kamen sie dann gegen 19.30 Uhr an. Von dort aus rief Karin Gattiker wie versprochen ihre Eltern an.

Die Route der Mädchen am zweiten Tag. Sie fuhren von Herisau nach Schwende.
Foto: Google Maps 

Viel Zeit an der Sitter

Am Morgen des 30. Juli 1982 [Freitag] brachen sie wie geplant in Richtung Appenzell auf. Das war nur eine kurze Strecke. Das Wetter war immer noch sehr schön, deshalb verbrachten Brigitte und Karin viel Zeit an der Sitter. Zeugen werden sich später daran erinnern, dass die Mädchen am Fluss Essen gekocht und darin Wäsche gewaschen haben.

Die kurze Route von Schwende nach Appenzell.
Foto: Google Maps 

Geplante Reiseroute geändert 

Auch die nächste Nacht verbrachten sie in der Jugendherberge, und am nächsten Tag [Samstag, 31. Juli 1982] machten sie sich auf den Rückweg. Um mehr zu sehen, veränderten sie ihre vorher geplante Route etwas.
Die Rezeptionistin in der Jugendherberge erklärte ihnen, wie sie genau vorgehen sollten. Das Wetter war an diesem Tag nicht so schön, wie die anderen Tage.
Brigitte und Karin wählten auf Anraten der Rezeptionistin eine Nebenstraße, die durch Eggerstanden führte [Anm. Ihre Anwesenheit dort wurde später durch Zeugen bestätigt].

Die Mädchen änderten ihre geplante Route und fuhren in Richtung Oberriet.
Foto: Google Maps 

Weit von ihrer gewählten Route entfernt 

Scheinbar bemerkten sie die richtige Ausfahrt nicht, als sie der gewählten Straße folgten. Um die Mittagszeit werden sie ziemlich weit von der gewählten Route entfernt an der Kreuzung bei Kobelwies in der Gemeinde Oberriet SG gesehen. Von hier aus haben sie noch gut dreißig Kilometer bis nach Goldach vor sich, und das war ziemlich viel für zwei ungeübte Radfahrer, die an diesem Tag bereits zwanzig Kilometer gefahren sind.

Von Oberriet hätten Brigitte und Karin noch rund 36 Kilometer bis nach Goldach vor sich gehabt.
Foto: Google Maps 


An der Kreuzung

Brigitte Meier und Karin Gattiker schauten auf die Wegbeschilderung. Sie schienen sich unsicher zu sein, wie sie weiter vorgehen sollten. Eine Wegbeschilderung wies den Weg zur "Kristallhöhle" einer nahe gelegenen Kristallhöhle, die nicht nur für Touristen in der Region, sondern auch überregional ein Anziehungspunkt war.

Die Kreuzung mit der Wegbeschilderung.
Foto: Google 

So ungefähr haben die beiden Mädchen an der Kreuzung beobachtet.
Foto: Aktenzeichen XY 

Fahrräder an der Straße

Eine Familie aus Oberriet, die mittags an diesem Ort vorbeifuhr, sah die beiden Mädchen. Der Fahrer musste bremsen und ausweichen, da Brigitte und Karin fast in der Mitte der Fahrbahn standen. Dieselbe Familie fuhr dort am Abend desselben Tages erneut vorbei, Die Familie war überrascht, denn beide Fahrräder mit Gepäck standen an der Kreuzung neben der Straße und von den Mädchen war nichts zu sehen. Diese Zeugen waren die letzten, die Karin und Brigitte gesehen haben.

Die Fahrräder mit Gepäck standen an der Kreuzung zur Kristallhöhle.
Foto: Google 

Bei der Polizei als vermisst gemeldet

Als die Mädchen am Samstag [31. Juli 1982] nicht nach Hause zurückgekehrt waren, schlugen ihre Eltern Alarm und meldeten sie bei der Polizei als vermisst. Die Vermisstenanzeige wurde von der Polizei angenommen und die Suchmaßnahmen starteten am Sonntagmorgen. Später an diesem Tag stolperte die Polizei in Oberriet über zwei Fahrräder, die nebeneinander an der Kreuzung zur "Kristallhöhle" standen. Schnell stellte sich heraus, dass sie Brigitte Meier und Karin Gattiker gehörten. Betrachtet man die sorgsam parallel aufgestellten Bikes, dann hatte man nicht den Eindruck, dass etwas Schlimmes passiert war. Es sah so aus, als wären die Besitzer nur kurz weggegangen. Das Gepäck der Mädchen, das an den Fahrrädern festgeschnallt ist, schien intakt zu sein. Sogar Brigittes Kamera wurde gefunden, zusammen mit unbenutztem Film. Es stellte sich kurze Zeit später heraus, dass das letzte Foto die Freundinnen auf der Wiese zeigt, wie sie auf  sich freuten und lachten. Dies ist zweifellos die Aufnahme,  die der Fremde gemacht hatte, den Karin beim Abendessen bei ihrer Oma erwähnt hatte.

Karin Gattiker und Brigitte Meier wurden bei der Polizei als vermisst gemeldet.
Foto: Polizei 

Befragung der Bewohner von Oberriet und Kobelwald

Die Polizei befragt alle Bewohner von Oberriet, Kobelwald und der Umgebung. Einer von ihnen wohnte in einem Haus mit sehr guter Sicht auf die Kreuzung mit der Wegbeschilderung. Der Mann sagte der Polizei, dass er um ziemlich genau 12.00 Uhr mittags einen silbergrauen Mittelklassewagen an der Kreuzung vorfahren und etwa fünf Minuten dort stehen gesehen habe. Der Zeuge beobachtete nur das Auto, er sah keine Personen. Der Zeuge würde aber später sagen, wenn die Mädchen in diesen Wagen eingestiegen sind, dann sei es sicherlich freiwillig gewesen, denn durch das offene Fenster hätte er Schreie oder Kampfgeräusche wahrgenommen. Der Zeuge schloss es aus, dass die Mädchen Opfer eines Unfalls wurden, denn dann müsste er auch etwas davon gehört haben.

Die Suche 

Die Polizei startete die Suchmaßnahmen nach den beiden vermissten Mädchen. Dutzende Polizisten, Feuerwehrleute und freiwillige Helfer suchten das Gebiet ab, darunter auch schwer zugängliche Bereiche oberhalb des Dorfes Kobelwald. Ganz am Anfang hofften die Familien von Brigitte und Karin, dass sich die Mädchen irgendwo in der Nähe der Höhle verirrt haben. Nach einigen Wochen wurde die Intensität der Suchmaßnahmen immer weniger und im September 1983 hörten die Suchmaßnahmen praktisch auf.

Die Entdeckung

Am 2. Oktober 1982 bemerkte ein Wanderer zufällig, der durch einen schwer zugänglichen Teil des Waldes in der Nähe von Oberriet ging, einen seltsamen süßlichen Geruch. Auf dem Weg zu seiner Quelle entdeckte er den Körper einer Frau, die unter einer Höhle am Fuße eines sehr steilen Abhangs lag. Der Körper war teilweise mit einer Felsplatte und Ästen bedeckt. Er alarmierte sofort die Polizei.

Der Leichenfundort von Brigitte Meier.
Foto: Polizei 


Der Leichenfundort von Karin Gattiker.
Foto: Polizei  

Polizei erreichte Leichenfundort 

Als die Polizei den Leichenfundort erreichte, stellte sich schnell heraus, dass es sich um die Leiche von Brigitte Meier handelte. Die Polizei startete mit einer sehr gründlichen Suche in der Gegend. Die Beamten fanden
am nächsten Tag, etwa fünfzig Meter entfernt, die Leiche von Karin Gattiker in einer Felsspalte. Der Bereich war so schwer zugänglich. Das Erreichen der Leiche war nur nach einem Abstieg miteinander verbundenen Seilen und Leitern möglich.


Leider ist auf dieser Skizze der Fundort von Brigitte Meier nicht ersichtlich.
Foto: Polizei 

Die Autopsie 

Die Autopsie gestaltete sich schwierig, da beide Leichen so stark verwest waren, dass es schwierig war, Rückschlüsse auf das zu ziehen, was vor dem Tod passiert war, etwa ob der Mord sexuell motiviert war. Bei der Autopsie von Brigitte Meier stellte der Rechtsmediziner fest, dass sie einen Schädelbruch erlitten hatte. Vermutlich wurde sie mehrfach mit einem schweren Gegenstand, vielleicht einem Stein, auf den Kopf getroffen. Es ist auch möglich, dass der Schädelbruch durch einen Sturz aus großer Höhe verursacht wurde, und es ist überhaupt nicht bekannt, ob dies die direkte Todesursache war. Auch bei der Autopsie von Karin Gattiker konnte die Todesursache nicht festgestellt werden. Es scheint, dass die Mädchen kurz nach ihrem Verschwinden ermordet worden sein müssen. Der Ort, an dem die Leiche gefunden wurde, liegt nicht weit entfernt von dem Ort, an dem die Fahrräder abgestellt wurden.

Verletzungsbild von Brigitte Meier. 
Foto: Polizei 

Persönliche Gegenstände entwendet

Es scheint, dass Karin Gattiker noch all ihre persönlichen Gegenstände hatte. Bei Brigitte Meier fehlten jedoch einige persönliche Gegenstände. Der Täter nahm ihre Handtasche, eine Uhr, einen Ausweis und eine Bankkarte mit.

Filzstift mit Logo gefunden 

An der Leiche eines der Mädchen fand die Polizei einen Filzstift mit dem Logo der Firma, in der einer der Höhlenwächter arbeitete. Voreilige Schlüsse, dass der Täter die Utensilien verloren hat, wollten die Ermittler allerdings nicht ziehen, denn es wäre auch möglich, dass jemand nur einen falschen Verdacht auf eine andere Person werfen wollte.

Warum wurden die Leichen erst so spät gefunden?

Heutzutage fragen sich alle Einwohner und alle überregionalen Zeitungen, warum wurden die Leichen erst so spät gefunden?
Tatsächlich wurde die Gegend um die Höhle viele Male durchsucht, aber die Polizei erklärte alles damit, dass die Hunde, die sie zum Durchsuchen benutzten, den Geruch menschlicher Leichen nicht wahrnehmen können Außerdem wurden die Leichen der Opfer an Orten versteckt, wo sie niemand erwartete hatte.

Die Ermittlungen 

Nach dem Fund der Leichen wurden umfangreiche Ermittlungen eingeleitet. Schließlich handelte es sich nun um einen Doppelmord. Natürlich gingen auch viele Spuren und Beweise vermutlich verloren, alleine aufgrund der Tatsache, dass so viel Zeit zwischen dem Verschwinden der Mädchen und der Auffindung der Leichen vergangen war.

Was ist über den Täter bekannt?

Über den Täter ist bereits 1982 bekannt, dass er klettern kann, kräftig und gut gebaut ist und die Umgebung sehr gut kennt. Die Polizei begann, die Aussagen verschiedener Personen während ihrer Ermittlungen nach dem Verschwinden der Mädchen zu überdenken und diese Personen werden gegebenenfalls erneut vorgeladen und befragt.

Besitzer des Gasthauses und Höhlenführer 

Von jenem Samstag, dem 31. Juli 1982, ist bekannt, dass der Besitzer des Gasthauses "Bad Kobelwies" in Oberriet zu diesem Zeitpunkt Dienst in der Höhle hatte. Der Mann sagte bei der Polizei aus, dass er mittags zu Hause gewesen wäre und nachmittags gegen 16.00 Uhr zwei Ehepaaren aus Deutschland die Höhle gezeigt habe. Er sagte, dass er nichts Außergewöhnliches bemerkt habe.

Fabrikarbeiter und Höhlenführer 

Am selben Nachmittag kehrte ein anderer Höhlenführer, ein 55-jähriger Fabrikarbeiter, wie üblich mit seiner Hündin, einer Deutschen Schäferhündin, von einer ausgedehnten Bergwanderung zurück. Auf dem Rückweg schaute er auch in die Höhle. Auch er gab an, nichts Besonderes beobachtet zu haben.

Mysteriöse Lichter in der Nacht wahrgenommen 

Besonders interessant ist die Aussage von zwei Personen, die in der Gegend in einem Haus wohnten, das so gelegen ist, dass man von dort aus die Höhle sehen kann. Diese Leute sagten aus, dass sie in der Nacht vom 31. Juli auf den 1. August 1982 sich bewegende Lichter in der Nähe der Höhle bemerkten, es könnte sich entweder um Autoscheinwerfer, Taschenlampen oder Scheinwerfer gehandelt haben. Jetzt, nach dem Fund der Mädchenleichen, sind sich Zeugen sicher, dass sich in der Nähe der Höhle eine oder mehrere Personen befanden, die möglicherweise die Leichen von Brigitte Meier und Karin Gattiker im Schutz der Dunkelheit versteckt haben.

Ein richtiger Einbruch war das nicht

Es gibt noch eine weitere Sache, die besonders jetzt seltsam erscheint. In der Nacht vom 31. Juli auf den 1. August 1982 muss sich jemand in der Höhle aufgehalten haben, und es war mit Sicherheit die Person mit dem Schlüssel zum Betreten der Höhle, denn am 1. August 1982 wurde ein Einbruch in die Höhle gemeldet. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass der Einbruch gefälscht oder vorgetäuscht war. Warum sollte jemand da reingehen und was wollte er mit der Vortäuschung eines Einbruchs erreichen? Auch angesichts der jüngsten Ereignisse ist dies nicht klar.

Waren zwei Personen an der Tat beteiligt?

Die Polizei bestätigte, dass, selbst wenn der Mörder eine Person war, die stark und gut gebaut, jemand anderes daran beteiligt gewesen sein musste, die Leichen der beiden Mädchen zu verstecken, denn allein wäre es unmöglich, die Leichen an solch schwer zugänglichen Orten zu verstecken oder geschweige den Körper eines der Opfer mit einer etwa 300 Kilogramm schweren Felsplatte zu bedecken.

Die ersten offiziellen Verdächtigen

Kurz nach dem Fund der Leichen von Brigitte Meier und Karin Gattiker war sich die Polizei sicher, dass die Morde bald aufgeklärt werden. Die Ermittler hatten im Jahr 1982 zwei Verdächtige im Blick.

1. Verdächtiger

Der erste Verdächtige war ein 32-jähriger Autofahrer aus Oberriet, der wegen Sexualdelikten vorbestraft war [dies ist der Hauptgrund, warum der Mann im Kreis der Verdächtigen war].

2. Verdächtiger

Der zweite Verdächtige war der bereits erwähnte Höhlenführer, der ebenfalls in der Fabrik arbeitete. Den größten Teil des Tages soll er sich an einem ganz anderen Ort aufgehalten haben, er hat nur nachmittags in die Höhle geschaut. Es gibt Gerüchte unter den Bewohnern der Gegend, dass genau dieser Führer einigen Touristen davon abgeraten hat, die Höhle am späten Nachmittag zu besuchen, aber niemand weiß wirklich etwas Genaues.

Beide Verdächtigen bestehen darauf, nichts mit den Morden zu tun zu haben.

Weitere Verdächtige

Die Polizei verhörte intensiv zwei weitere Höhlenführer. Einmal denjenigen, der am 31. Juli 1982 in der Höhle Dienst hatte. Sein Restaurant war nur 500 Meter von dem Ort entfernt, an dem Karin und Brigitte zuletzt gesehen wurden. Der Verdächtige könnte sie auf dem Weg überholt haben, ihnen eine Fahrt zu einer Höhle angeboten haben usw.

Ein weiterer von der Polizei befragter Führer ist ein 27-jähriger Geologe, ein Spezialist für Mineralien. Er war es, der den Einbruch am 1. August 1982 gemeldet hatte. Er war derjenige, der in der Firma arbeitete, aus der der bei der Leiche gefundene Stift stammte. Der Mann wies jedoch alle Vorwürfe zurück.

Keine konkreten Beweise 

Trotz intensiver und umfangreichen Ermittlungen haben die Ermittler keine konkreten Beweise gegen einen der beiden Männer, sodass sie keinen von ihnen festnehmen können. 

Fall wurde kalt 

Die Zeit verging und der Fall wurde 
allmählich kalt, da es keine neuen Hinweise und Ermittlungsansätze mehr gab. Die Ermittlungen im Doppelmord an Brigitte Meier und Karin Gattiker wurden schließlich eingestellt.

Der Architekt 

Im Jahr 1985, also drei Jahre nach der Tat, explodierte plötzlich eine Bombe. Ein damals 40-jähriger Architekt und Familienvater geriet unter Verdacht. Der Mann lebte
mit Frau und zwei Töchtern in Kobelwald und noch dazu nur hundert Meter von der Höhle entfernt.

Bekannt ist, dass der Architekt kurz vor dem mutmaßlichen Tatzeitpunkt eine Wasserleitung reparierte, die von seinem Grundstück zur Höhle führte. Er wurde von seinem Freund unterstützt, der ebenfalls in der Gegend lebte. Der Architekt kannte die Höhle und die Umgebung seit Jahren. Der Mann besaß zudem einen silbergrauen Mercedes und war am 31. Juli 1982 gegen Mittag im nahe gelegenen St. Margrethen unterwegs und passierte die Kreuzung bei Kobelwies. Vielleicht war es sein Mercedes, den der Zeuge an der Kreuzung gesehen hat? Vielleicht sind die Mädchen einfach in dieses Auto gestiegen?

Architekt von der Liste der Verdächtigen gestrichen 

Erwähnenswert ist auch, dass die Polizei im Zusammenhang mit dem angeblich von ihm begangenen Versicherungsbetrug auf den Architekten aufmerksam geworden ist. Der Mann wurde sogar wegen Betruges und Doppelmordes festgenommen. Er saß sogar über ein halbes Jahr in Untersuchungshaft. Allerdings konnte der Architekt keine wertvollen Informationen in die Ermittlungen einbringen, da er bei Verhören meist von seinem Schweigerecht Gebrauch machte oder er nur bedeutungslose Fragen beantwortete. Er erklärte dies damit, dass er infolge eines früheren Unfalls teilweise sein Gedächtnis verloren hatte [Anm. Der Mann stürzte von einem Pferd, es war ein Jahr nach den tragischen Ereignissen in der Kristallhöhle]. Einige vermuteten sogar, dass er die Krankheit nur vortäuschte, aber ausgewiesene Experten schlossen eine solche Möglichkeit aus. Der Architekt wurde aus der Untersuchungshaft entlassen und alle Verdachtsmomente wurden offiziell gegen ihn fallengelassen. Er wurde von der Liste der Verdächtigen gestrichen. 

Gerüchte hielten sich jedoch hartnäckig 

Die Gerüchte hielten sich jedoch hartnäckig dass der Mann in den Mord an Brigitte und Karin verwickelt war. Dieser Umstand trug sicherlich dazu bei, dass der Architekt und seine Familie Kobelwald verließen und nach Campione, einer italienischen Exklave im Schweizer Kanton Tessin, zogen.

Die Szenarien 

Der Fall ist bis heute von Interesse und viele Experten haben sich bereits zu den möglichen Versionen der Ereignisse geäußert. Es besteht ein breiter Konsens darüber, dass mehrere Szenarien möglich sind und einige Fakten mit Sicherheit bekannt sind. Ich möchte kurz auf die möglichen Szenarien eingehen.

1. Szenario "Mitfahrgelegenheit"

Haben Brigitte Meier und Karin Gattiker ein Angebot einer Mitfahrgelegenheit zur Höhle angenommen?


Bei dem ersten Szenario geht man davon aus, dass Brigitte Meier und Karin Gattiker das Angebot einer Mitfahrgelegenheit zur Höhle angenommen haben und von diesem Mann oder diesen Männern getötet worden sind.

2. Szenario "Zu Fuß zur Höhle"

Sind Brigitte Meier und Karin Gattiker zu Fuß zur Höhle gegangen und im Bereich der Höhle auf ihren Mörder getroffen?


Beim zweiten Szenario geht man davon aus, dass der Mord nicht geplant war, aber auf dem Weg, Besuch oder Aufenthalt in der Höhle geschah etwas, das zur Eskalation der Gewalt und damit zum Mord führte. Vielleicht wurde den Mädchen ein sexuelles Angebot gemacht oder es gab ein Verhalten, das sie als unangemessen empfanden und das zu einem Streit führte? Vielleicht gab es einen Unfall und eines der Mädchen stürzte in den Abgrund, und der Höhlenführer hatte Angst vor den möglichen Konsequenzen und  ermordete in Panik den Zeugen dieses Ereignisses.

3. Szenario "Autounfall"

Wurde eines der Mädchen von einem Auto angefahren?

Beim dritten Szenario geht man davon aus, dass eines der Mädchen von einem Auto, entweder an der Kreuzung oder weiter entlang der Straße zur Höhle, angefahren wurde und der Unfallverursacher geriet in Panik, zerrte das Opfer und ihre Begleiterin in das Auto. Die Gewalt eskalierte aus irgendeinem Grund später, zum Beispiel auf dem Parkplatz in der Nähe der Höhle.

4. Szenario "Sexualdelikt"

Wurden Brigitte Meier und Karin Gattiker Opfer eines Gewaltverbrechens?

Aufgrund der Verwesungsgrades der Leichen konnten mögliche Spuren eines sexuellen Missbrauches nicht mehr festgestellt werden, trotzdem sollte man auch dieses Szenario in Betracht ziehen. Es könnte sein, dass ein Täter oder mehrere Täter auf die Mädchen aufmerksam geworden sind und einfach ihre "Chance" genutzt haben, ein Sexualverbrechen unbemerkt zu begehen. Bei diesem Szenario könnte ein Autofahrer [und ein Mittäter] auf die Mädchen aufmerksam geworden sein, ihnen eine Mitfahrgelegenheit angeboten haben oder sie gezwungen haben, in sein Fahrzeug zu steigen. Er fuhr mit den Mädchen an einen unbekannten Ort, vergewaltigte dort ein oder beide Mädchen. 
Anschließend tötete er die Mädchen. Der Täter lagerte die Leichen irgendwo zwischen, bis er sie bei Einbruch der Dunkelheit an den späteren Leichenfundorten ablegten. [Anm. Wahrscheinlich hatte der Täter hier zumindest Hilfe von einem Mittäter.] Dies würde zumindest die Lichter in der Nacht erklären, die Zeugen beobachtet haben.

Natürlich könnte es auch sein, dass die Mädchen sich zu Fuß auf dem Weg zur Kristallhöhle gemacht haben und auf dem Weg zur Höhle oder im Bereich der Höhle auf ihren Mörder trafen. Auch bei dieser Variante verhält es sich ähnlich wie bei der vorherigen Variante. Der Täter vergewaltigte ein oder beide Mädchen und tötete sich anschließend. Er versteckte die Körper und in der Nacht brachte er [wahrscheinlich mit einem Helfer oder Mittäter] die Leichen zu den späteren Fundorten. Dies würde zumindest die Lichter in der Nacht erklären, die Zeugen beobachtet haben.

Tagsüber konnte der Täter die Leichen der Mädchen irgendwo zwischenlagern und dann zusammen mit seinem Komplizen nachts verstecken, weil er tagsüber damit rechnen müsste, dass er von einigen Touristen oder Wanderern bemerkt würde, oder er würde [auch von weitem] bemerkt und von einem der Anwohner erkannt.
Der Täter war, wie oben erwähnt, sicherlich stark und kannte das Gelände perfekt, aber ansonsten war er sehr gut im Klettern und hatte eine spezielle Ausrüstung.

Fazit:

Bis heute bleiben einfach viele der Fragen unbeantwortet. Ich kann mich schwer auf ein Szenario festlegen, denn alle Szenarien könnten möglich sein und sind plausibel. Natürlich habe ich mich gefragt, warum im Rahmen einer Cold Case Ermittlung nicht noch einmal alle Beweise mit den heutigen technischen Methoden und Analyseverfahren untersucht werden? Aber dann ist mir sofort eingefallen, dass der Doppelmord über vier Jahrzehnte alt ist und der Fall in der Schweiz leider schon verjährt ist. Dort verjähren Tötungsdelikte bereits nach 30 Jahren. Bei uns in Deutschland verjähren Tötungsdelikte nicht. Vielleicht wäre es an der Zeit auch in der Schweiz, Österreich und in anderen europäischen Staaten, die Verjährungsfrist aufzuheben. Dies bedeutet in diesem Fall, dass wir höchstwahrscheinlich nie erfahren werden, was im Sommer 1982 mit den Mädchen passiert ist und wer dafür verantwortlich gewesen ist.

Was denkt ihr ist passiert?

Aktuelle Einstufung des Falls 

Der Tod von Brigitte Meier und Karin Gattiker wurde als Tötungsdelikt eingestuft. Der Fall ist verjährt, deshalb wird nicht mehr in dem Fall ermittelt. Alle Ermittlungen wurden offiziell eingestellt.

Der Täter ist mit einem Doppelmord davongekommen und kann nicht mehr dafür bestraft werden.

Deshalb beendete ich diesen Beitrag nun hier. Es macht leider keinen Sinn einen Zeugenaufruf zu starten.

R.I.P. Brigitte Meier und Karin Gattiker 

Kommentare

  1. "Man glaubte ihm...die Experten gaben dem Verdächtigen Recht...er wies alle Vorwürfe zurück und wurde sogleich von der Liste der Verdächtigen gestrichen..der Fall wurde kalt, weil es keine neuen Erkenntnisse gab.." was ist da los, verdammt nochmal? Ich habe mich mit dem Fall eingehend beschäftigt, die Vorgehensweise der Polizei und der Filz dieses ganzen Verwaltungsapparates macht einen nur noch sprachlos. Die Verjährung von Morden muss umgehend rückwirkend abgeschafft werden!

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