COLD CASE DES MONATS: Tötungsdelikt z. N. von Danuta Matusik (2000)

Der Mord an Danuta Matusik

Wer hat Danuta Matusik getötet?


Es ist wieder Zeit für den neuen Cold Case des Monats. Wie ihr wisst, möchte ich mich in diesem Blog eigentlich ausschließlich mit nationalen und im Zweitblog ausschließlich mit internationalen Vermissten- und Mordfällen beschäftigen.
Ich möchte in diesem Blog jedoch einmal im Monat eine Ausnahme machen und die Aufmerksamkeit auf einen Cold Case aus den Nachbarländern von Deutschland richten. Und diesen Monat möchte ich erneut einen polnischen Cold Case vorstellen. Der Cold Case stammt aus dem Jahr 2000 und hat sich in Rybnik im Powiat [Landkreis] Rybnicki, und in der Woiwodschaft [Verwaltungsbezirk] Schlesien ereignet. Bis heute konnte der Fall nicht aufgeklärt werden.

Der Mord an Danuta Matusik ist seit 2000 ungeklärt. Wer ist für den Tod von Danuta Matusik verantwortlich?
Foto: Polizei 

Der Fall Danuta Matusik

Danuta Matusik wurde 1961 in der Woiwodschaft Schlesien geboren. Sie ist gläubige Katholikin und lebte in Rybnik im Powiat Rybnicki, in der Woiwodschaft Schlesien. [Anm. Rybnik ist eine Großstadt in der Woiwodschaft Schlesien in Polen. Sie ist Zentrum des Rybniker Kohlenreviers (ROW), kreisfreie Stadt und Sitz des Powiat Rybnicki, dem es nicht angehört. Rybnik liegt in der Region Oberschlesien nahe der Grenze zu Tschechien am linken Ufer der Ruda, etwa 25 Kilometer südsüdwestlich von Gleiwitz, 160 Kilometer südöstlich von Breslau und rund 100 Kilometer westlich von Krakau. Rybnik ist in 27 Stadtteile gegliedert. Viele Einwohner von Rybnik arbeiten in der Fischerei, im Kohlerevier oder im Kraftwerk. Im Jahr 2020 hatte Rybnik 137.128 Einwohner.]

Rybnik ist eine Großstadt in der Woiwodschaft Schlesien in Polen. Sie ist Zentrum des Rybniker Kohlenreviers (ROW), kreisfreie Stadt und Sitz des Powiat Rybnicki, dem es nicht angehört. Rybnik liegt in der Region Oberschlesien nahe der Grenze zu Tschechien am linken Ufer der Ruda, etwa 25 Kilometer südsüdwestlich von Gleiwitz, 160 Kilometer südöstlich von Breslau und rund 100 Kilometer westlich von Krakau. Rybnik ist in 27 Stadtteile gegliedert. Im Jahr 2020 hatte Rybnik 137.128 Einwohner. 
Foto: Google Maps 

Die Prophezeiung 

Im Jahr 1980 war Danuta Matusik 19 Jahre alt und wusste noch nichts mit ihrem Leben anzufangen. Ihre Freundin und sie haben die Idee, gemeinsam eine Hellseherin im benachbarten Lubliniec besuchen. Eigentlich sollte man als gläubige Katholikin nicht zu einer Hellseherin gehen, aber die beiden Frauen gehen trotzdem dorthin. Danuta war neugierig und wollte wissen, wie es mit ihrem Leben weitergeht. Danuta hoffte auf eine positive Prophezeiung, doch sie erhielt das Gegenteil. Die Hellseherin prophezeite Danuta, dass sie ihr 40. Lebensjahr nicht erreichen und ein kleines Kind zurücklassen würde. Außerdem würde sie auf tragische Weise sterben. Damals konnte noch keiner erahnen, dass diese Prophezeiung sich tatsächlich erfüllen würde. Die Geschichte wird zu einer Familienanekdote, die niemand besonderes ernst nimmt.

Die Hochzeit

Kurze Zeit nach dem Besuch der Hellseherin lernte Danuta einen jungen Mann namens Witold Matusik kennen. Er war neu in der Stadt Rybnik und arbeitete für ein Straßenbauunternehmen. Witold Matusik stammte aus Grybów. [Anm. Grybów ist eine polnische Stadt in der Woiwodschaft Kleinpolen und 260 Kilometer von Rybnik entfernt. Grybów gehört zum Powiat Nowosądecki.] Danuta und Witold werden schnell ein Paar. Im Jahr 1982 heirateten Danuta und Witold.

Umzug in die Kilińskiego-Straße

Danuta und Witold Matusik zogen im April 1986 in ein Hochhaus in der Kilińskiego-Straße [Anm. polnisch: Jana Kilińskiego] in Rybnik in der Woiwodschaft Schlesien. Das Hochhaus in der Kilińskiego-Straße befindet sich im Stadtteil Smolna. Die Hochhäuser in der Kilińskiego-Straße in Rybnik wurden in den 1980er Jahren gebaut. Das Rybniker Kohlerevier expandierte und benötigte mehr Arbeitskräfte. Neue Einwohner kamen in die Stadt. Witold Matusik war mittlerweile Leiter der Abteilung für maschinelle Straßenbauarbeiten. Danuta und Witold bekamen vier Söhne namens Adam, Gabriel, Wojciech und Dawid. Der jüngste Sohn Dawid wurde 1997 geboren. Immer wenn Danuta Matusik ihren jüngsten Sohn im Arm hielt, musste sie an die Prophezeiung der Hellseherin denken. Jahrelang hatte sie nicht mehr an die Prophezeiung gedacht und seit der Geburt ihres jüngsten Sohnes schleicht sich die Prophezeiung immer wieder in ihren Kopf.

Die Familie Matusik lebte im Jahr 2000 in der Kilińskiego-Straße [Anm. polnisch: Jana Kilińskiego] im Stadtteil Smolna in Rybnik in der Woiwodschaft Schlesien. 
Foto: Google Maps 

In der Kilińskiego-Straße [polnisch: Jana Kilińskiego] stehen hauptsächlich Hochhäuser und Mehrfamilienhäuser mit mindestens vier Etagen. In diesem Hochhaus lebte die Familie Matusik im Jahr 2000. Die Familie Matusik lebt seit 1982 in diesem Hochhaus. 
Foto: Google Maps 

Man braucht die Kilińskiego-Straße zum Einkaufen nicht verlassen, da man dort alles findet. Es gibt dort Bäcker, Lebensmittelläden, Geschäfte mit Kleidung, eine Drogerie, Apotheken, ein Ärztezentrum und viele kleine Imbisse, Eisdielen und vieles mehr.
Foto: Google Maps 

Hingebungsvolle Ehefrau und Mutter 

Im Jahr 2000 lebte die Familie Matusik noch immer in dem Hochhaus in der Kilińskiego-Straße im Stadtteil Smolna in Rybnik. Die größeren Söhne gehen zur Schule und schreiben gute Noten. Danuta ist eine hingebungsvolle Ehefrau und Mutter. Sie liebt ihre vier Söhne und ist stolz auf ihre Entwicklung. Man könnte meinen, dass im Leben der Familie Matusik alles gut läuft, aber der Schein trügt. 

Der Unfall und finanzielle Probleme 

Die Familie Matusik hat finanzielle Probleme. Witold kann nicht mehr arbeiten. Er hatte im Jahr 1990 einen schweren Arbeitsunfall. Witold arbeitete an einem kleinen Kran, der Baumaterialien transportierte. Beim routinemäßigen Anheben einer Betonplatte beginnt die Maschine zu kippen. Witold und seine Kollegen versuchen noch, sie zu stabilisieren, indem sie Holzbalken darunter legen. Plötzlich kippte der Kran um und zerquetschte Witold. Er lag lange Zeit im Krankenhaus. Witold hatte einen schweren Schädelbruch. Immer wiederkehrende Kopfschmerzen erinnern ihn auch Jahre später noch an den Unfall. Dass er diesen Unfall überlebt hat, grenzte schon ein Wunder. Der Unfall hat das Leben der Familie stark verändert. Nach seinem Arbeitsunfall wurde Witold von den Behörden als erwerbsunfähig eingestuft. Er wurde 1990 zum Frührentner. Seine Invalidenrente ist sehr klein und reicht nicht für die Versorgung der sechs-köpfigen Familie aus.

Reinigungskraft an der Berufsschule 

Danuta Matusik musste sich einen Job suchen, um die Familie auch finanziell zu unterstützen. Sie fand 1992 einen Job als Reinigungskraft an einer Schule im Stadtteil Niedobczyce von Rybnik. Ein paar Jahre später arbeitete Danuta Matusik als Reinigungskraft an der Berufsschule in der St.-Maksymilian-Straße [polnisch: Świętego Maksymiliana] im Stadtteil Rybnicka Kuźnia von
Rybnik. Sie bekommt ein monatliches Einkommen von 400 Zloty. [Anm. Das sind ungefähr 100 Euro.] Auch wenn die Kosten für Wohnung, Strom, Wasser, Müll, Lebensmittel und Kleidung etwas geringer sind als in Deutschland, bleibt die finanzielle Situation trotz Rente und Danutas Lohn angespannt. Witold ist mit seiner neuen Rolle als Hausmann überfordert, er versucht deshalb auch immer wieder, leichte Gelegenheitsjobs anzunehmen. Allgemein ist die ganze Situation für ihn und auch für seine Beziehung von Danuta nicht gut. Sein Selbstwertgefühl ist rapide gesunken, er ist unzufrieden mit sich und seinem Leben und das hat auch große Auswirkungen auf seine Beziehung zu Danuta. Zudem hat er immer wieder mit starken Kopfschmerzen zu kämpfen, die auch Einfluss auf seine Stimmung haben.

Danuta Matusiak arbeitete im Jahr 2000 bereits seit einigen Jahren in der Berufsschule "ZSP nr 13 im. Konrada Szwedy" in der St.-Maksymilian-Straße [polnisch: Świętego Maksymiliana] im Stadtteil Rybnicka Kuźnia von
Rybnik.
Foto: Google Maps 

Das ist ein Gebäudeteil der Berufsschule "ZSP nr 13 im. Konrada Szwedy" in der St.-Maksymilian-Straße [polnisch: Świętego Maksymiliana] im Stadtteil Rybnicka Kuźnia von
Rybnik.
Foto: Google Maps 

Die Kneipenschlägerei

Witold Matusik geht immer wieder in Bars und Kneipen. Er trinkt, was für Danuta ein No-Go ist. Mitte Februar 2000 besuchte Witold seine Stammkneipe Elita. Als er sie verließ, kam es zu einem Streit unter Betrunkenen, bei dem er mit einem Bierkrug geschlagen wurde. Er wurde in Wodzisław Śląski ins Krankenhaus eingeliefert, entließ sich aber selbst. Er hatte deswegen Streit mit Danuta.

Ein ganz normaler Tag 

Am 2. März 2000 steht Danuta morgens auf. Nachdem sie sich für die Arbeit fertig gemacht hatte, ging sie in die Küche und bereitete das zweite Frühstück für ihre Söhne vor. Dieser Ablauf hat sich schon hunderte Male wiederholt. Im Hause Matusik herrscht jedoch eine angespannte Stimmung. Zumindest zwischen Danuta und Witold. Danuta war immer noch wütend, dass Witold sich selbst aus dem Krankenhaus entlassen hatte. Witold geht seiner Frau aus dem Weg. Das Paar ist zerstritten. Er wurde einige Tage zuvor ins Krankenhaus in Wodzisław Śląski eingeliefert, nachdem er in einer Bar mit einem Bierkrug geschlagen worden war. Er entließ sich selbst, was einen Streit auslöste.

Witold fährt Danuta zur Bushaltestelle 

Danuta verlässt das Haus, und Witold läuft ihr hinterher. Er sagt, dass er sie zur Bushaltestelle fahren und auch wieder abholen werde. Witold versucht mit dieser lieben Geste, seiner Frau etwas Gutes zu tun und die Wogen ein bisschen zu glätten. Unterwegs wechseln sie nur ein paar Worte, und das Letzte, was sie zueinander sagten, war ein flüchtiges "Tschüss".

Danuta braucht von ihrem Zuhause in der Kilińskiego-Straße [polnisch: Jana Kilińskiego] im Stadtteil Smolna zur Berufsschule in der St.-Maksymilian-Straße [polnisch: Świętego Maksymiliana] im Stadtteil Rybnicka Kuźnia insgesamt [mit Fußweg und Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln] zwischen 48 und 54 Minuten. 
Foto: Google Maps 

Danuta erreicht pünktlich die Schule 

Danuta Matusik erreicht am 2. März 2000 kurz vor 12.00 Uhr ihren Arbeitsplatz in der Berufsschule in der St.-Maksymilian-Straße in Rybnik. Danuta arbeitet normalerweise von 12.00 bis 20.00 Uhr. Der Job ist anstrengend, aber Danuta ist mit dem Job zufrieden. Danuta geht zunächst ins Zimmer 225, um ihre Handtasche abzulegen und sich ihren Putzkittel anzuziehen. Ihre Kollegin erinnert sich an Danuta als ruhige, fröhliche und schweigsame Person. Die beiden Frauen arbeiten schon lange zusammen, entwickelten aber keine enge Beziehung. Trotzdem beschwert Danuta sich am 2. März 2000 bei ihr über ihren Mann. Auch bei den anderen Kollegen beschwerte Danuta sich über ihren Mann. Die 39-jährige Danuta Matusik berichtet ihren Kolleginnen Jadwiga und Danuta K. vom Verhalten ihres Mannes. Sie arbeiten seit Jahren zusammen, doch ihr Verhältnis ist nicht besonders eng. Das lag aber nicht an den Kolleginnen, sondern an Danuta, die immer sehr verschlossen war und kaum etwas über sich erzählt hat. Manchmal erzählte Danuta Matusik ihren Kolleginnen von ihrem Mann und seinem Verhalten. Sie war nicht mehr zufrieden mit der Beziehung. Danuta konnte es nicht verstehen, dass sie putzen ging und er dann das Geld in seiner Lieblingskneipe ausgab. Obwohl Danuta teilweise viel Verständnis für die Situation ihres Mannes hatte, konnte sie das mit dem Alkohol nicht akzeptieren. Außerdem sagte Danuta einmal zu ihren Kolleginnen, dass der Unfall nun schon zehn Jahre her ist, man nichts an der Situation ändern kann und man es einfach so für sich annehmen muss.

Eingangstüren der Schule werden abgeschlossen 
 
Um 18.00 Uhr schließen die Reinigungskräfte die Eingangstüren der Schule ab. Einen Moment später klopfen zwei Jungen daran und fragten, ob die zweite Klasse mit dem Unterricht fertig sei.
Nur die Schüler der Klassen III-E haben noch Unterricht. Der Unterricht wurde durch Geräusche von draußen unterbrochen. Fremde diskutierten angeregt. Die Lehrerin ging zum Fenster, öffnete es und ermahnte die Schüler. Sie konnte ihre Gesichter nicht sehen, da es bereits dunkel ist. Schließlich beendete die Lehrerin den Unterricht 15 Minuten früher, um 18.45 Uhr.

Danuta unterhält sich kurz mit Schülerin Kasia 

Eine der Schülerinnen blieb nach dem Unterricht noch da, saß am Empfang und wartete auf ihren Freund. Kasia sah Danuta beim Putzen des Klassenzimmers. Kasia und Danuta unterhalten sich kurz. Dann gießt Danuta Wasser aus einem Eimer, schnappt sich zwei Müllsäcke und geht zur Tür. Kasia verlässt etwa zur gleichen Zeit das Schulgebäude. Sie dreht sich noch einmal um, weil sie ihre Schuhe vergessen hat. Sie holt ihre Schuhe und geht wieder hinaus. Als sie zum Auto ihres Freundes geht, hört sie vom Spielplatz her die Stimmen zweier junger Männer. Kasia steigt schnell in das Auto ihres Freundes und sie fahren weg.

Wo ist Danuta?

Arbeitskollegin Jadwiga bemerkte die Abwesenheit von Danuta als Erste. Nachdem Danuta den Müll rausgebracht hatte, sollte sie in den Keller gehen und dort das Wasser abstellen. Das Ganze sollte eigentlich nicht länger fünf Minuten dauern. Ihre Kolleginnen suchten nach Danuta. Sie gingen aus dem Gebäude und riefen ihren Namen. Jadwiga schaute zu den Containern und bemerkte den Müll, der auf dem Boden verstreut lag. Die weißen Papiere waren auf dem dunklen Asphalt deutlich zu erkennen. Die Frauen haben Angst und holen sich Unterstützung.

Danuta Matusik kehrt nach der Erledigung ihrer Aufgaben nicht mehr zu ihren Kolleginnen zurück. 
Foto: Polizei 

Die Entdeckung

Besorgt rief Jadwiga um Hilfe. Stefan, der Ehemann der Schulhausmeisterin Ela, ging ans Telefon. Er holt eine Taschenlampe aus einer Schublade und gemeinsam gehen Stefan und Ela zum Schulgebäude. An der Tür treffen sie Jadwigas Schwiegersohn Sebastian, der sie abholen wollte. Ela bittet Sebastian ebenfalls mitzukommen.
Sie gehen auf die Mülltonnen zu. Es war dunkel, also leuchten sie mit ihren Taschenlampen die Umgebung ab. Irgendwann sehen sie die Leiche einer Frau. Ihr Gesicht war blutüberströmt. Es war sofort klar, dass es sich um Danuta handelt und sie tot war. Die Polizei wurde sofort alarmiert.

Der Tatort und der Fundort befinden sich an den Müllcontainern der Berufsschule. 
Foto: Google 

Polizei erreicht den Leichenfundort

Schon kurze Zeit nach der Meldung über den Fund einer Leiche erreichte die Polizei den Fundort an der Berufsschule in der St.-Maksymilian-Straße  [polnisch: Świętego Maksymiliana] in Rybnik. 
Vor der Schule treffen die ersten Polizeiwagen, ein Rettungswagen und Schaulustige ein. Ein Polizeihund wurde auch eingesetzt. Er nahm die Spur zweimal auf und steuerte auf das Schulgebäude zu, bevor er die Spur dann aber wieder verlor. Die Kriminaltechniker machten Fotos, vermessen den Fundort und sammelten und sicherten Spuren. Auf einem Foto ist Danutas Leiche zu sehen. Ihre Beine sind im rechten Winkel angewinkelt, die Arme gestreckt, ihr Oberkörper kreuzförmig angeordnet. Fußabdrücke sind auf dem Boden zu sehen, ihre Anordnung ist chaotisch. [Anm. Dieses Foto liegt mir vor, aber ich kann es aus rechtlichen Gründen und zum Schutz meiner Quelle hier nicht veröffentlichen.] Danuta hat sich gewehrt und versucht, in Richtung Schule zu fliehen, wie die Wunden auf ihrem Rücken beweisen. Die Goldkette um ihren Hals ist noch intakt. Die Kriminaltechniker fanden in der Nähe der Leiche Schlüssel mit der Aufschrift "Keller".Kriminaltechniker stellen sie sicher, doch von ihnen fehlte später jede Spur.

Das Bild zeigt den Tatort und den Fundort bei den Müllcontainern der Berufsschule. Der Blickwinkel ist vor dem Zaun und an der Einfahrt der Schule. Dort wurde am 2. März 2000 die Leiche von Danuta Matusik von ihren Kolleginnen und weiteren Zeugen entdeckt. 
Foto: Google Maps 

Das Bild zeigt den Tatort und den Fundort bei den Müllcontainern der Berufsschule. Der Blickwinkel ist von der anderen Seite des Zauns an der Einfahrt zur Schule. Dort wurde am 2. März 2000 die Leiche von Danuta Matusik von ihren Kolleginnen und weiteren Zeugen entdeckt. Wenn es dunkel ist, dann ist dieser Bereich von außen kaum einsehbar. Zum Zeitpunkt des Mordes befanden sich nur noch die Reinigungskräfte an der Schule. Das Risiko, von jemandem entdeckt zu werden, ist sehr gering. Eigentlich ist der Tatort ein idealer Platz um unentdeckt einen Mord zu begehen. Zumindest zur Abendzeit.
Foto: Google Maps 

Die Befragung der Zeugen 

Auch werden alle Anwesenden von den Ermittlern kurz befragt. Später mussten sie noch zur Polizei kommen, um ihre Aussagen aufzunehmen und für die Staatsanwaltschaft zu dokumentieren. Stefan sagte später den Ermittlern, dass er Wunden um ihre Augen gesehen hat und die Frau auf dem Rücken lag. Hausmeisterin Ela sagte den Ermittlern, dass sie sehen konnte, wie ihre Arme ausgestreckt waren, das Gesicht blutüberströmt war und ihre Augen offen waren.

Kaum Informationen über Danuta 

Schuldirektorin Krystyna Florek arbeitete seit 1993 an der Schule. Von Danutas Tod erfuhr sie durch ihre Hausmeisterin. Viel zu der Verstorbenen kann sie nicht sagen. Sie ist eine vorbildliche Mitarbeiterin, aber viel Kontakt hatten sie nicht. Die Ermittler schauen sich auch in der Schule um. Im Schulzimmer 225 finden die Ermittler Danutas Handtasche und Mantel. Darin befanden sich Geld, Parfüm, Lippenstift, die Kinderversicherungsbroschüre und Haarspray. Nichts Ungewöhnliches. Erste Erkenntnisse deuteten darauf hin, dass Danuta keine Feinde hatte. Doch die Beamten erfuhren, dass die 39-Jährige sich mit ihrem Mann gestritten hatte. Der erste Verdacht fiel deshalb auf Witold. Mittlerweile war auch der zuständige Rechtsmediziner am Fundort angekommen, um sich die Leiche kurz näher anzuschauen. Er zählte zunächst 28 Stichwunden. Nachdem die Leiche von Danuta geborgen wurde, wurde sie für weitere forensische Untersuchungen zum zuständigen Rechtsmedizinischen Institut transportiert.

Polizei überbringt die schlechte Nachricht   

In der Zwischenzeit klopfte gegen 20.00 Uhr die Polizei an die Wohnungstür der Familie Matusik. Die Beamten teilten Witold mit, dass seine Frau tot sei. Auf seine Frage, was passiert sei, antworteten sie ihm nicht. Sie durchsuchten das ganze Haus und stellten fest, dass Witold nüchtern war. In der Wohnung lebten noch vier minderjährige Söhne, der jüngste war erst drei Jahre alt. Anschließend wurde Witold in der Kleidung, die er trug, als er mittags das Haus verlassen hatte, zum Polizeipräsidium Rybnik gebracht. Die Ermittler untersuchen ihn und seine Kleidung gründlich, finden jedoch keine Blutspuren. Schnell stellte sich heraus, dass Danutas Mann ein Alibi hatte. Nachdem Witold seine Frau an der Bushaltestelle abgesetzt hat, fuhr er zur Klinik in der Parkowa-Straße. Er hatte sich am Vortag selbst aus dem Krankenhaus entlassen und wollte nun einen Arzt aufsuchen. Von der Klinik fuhr er zum Gaswerk in der Zebrzydowicka-Straße, um seine Rechnung für die Gaslieferung zu bezahlen. [Anm. Ich möchte darauf hinweisen, dass man in Polen bis heute seine Rechnungen bei den Unternehmen direkt bezahlt. Natürlich nutzen viele Polen mittlerweile die Möglichkeit der Überweisung, aber trotzdem wird noch immer ein Großteil der Rechnungen direkt beim Unternehmen gezahlt. Ich kann mich gut erinnern, wie meine Verwandten monatlich bez. jedes Quartal mit ihren Rechnungen zum jeweiligen Unternehmen gefahren sind, um die Rechnungen zu begleichen.] Später fuhr Witold zu einer Hühnerfarm in der Nähe von Rybnik, um Eier zu holen, und dann mit zwei Freunden zu einem Gestüt. Auf dem Rückweg füttern sie ihre Tauben. Witold und sein Freund haben zwei Taubenschläge. Dann fuhren sie zu dem Wohnhaus in der Kilińskiego-Straße, in dem sie wohnen. Nun musste die Polizei nach einem anderen Verdächtigen suchen.

Die Obduktion

Der Rechtsmediziner bestätigte offiziell, dass Danuta Matusik Opfer eines Gewaltverbrechens geworden ist. Die genaue Todesursache war eine spitze Gewalteinwirkung gegen Kopf, Hals und Brust. Zudem hat Danuta auch stumpfe Gewalteinwirkung gegen den Kopf erlitten. Ihr Nasenbein war gebrochen. Die genaue Todesursache war eine Kombination aus stumpfer und spitzer Gewalteinwirkung. Todesursächlich war ein heftiger Schlag ans Schläfenbein und mehrere Stichwunden an Kopf, Hals und Brust, die zu erheblichen Blutungen geführt haben. Der Täter hat mit einem Taschenmesser oder einem Messer mit sehr kurzer Klinge dem Opfer eine Vielzahl von Schnitt- und Schnittwunden zugefügt. Der Rechtsmediziner musste die Anzahl der Stichwunden von 28 auf 115 hoch korrigieren. Danuta Matusik hatte 48 Stichwunden am Kopf, 36 Stichwunden am Hals, 15 Stichwunden an der Brust und 16 Stichwunden an anderen Körperteilen. Zudem hat sie mehrere heftige Schläge an den Kopf bekommen. Außerdem wurden an der Leiche Abwehrverletzungen gefunden, die darauf hindeuten, dass Danuta sich gegen ihren Angreifer gewehrt hatte.

Wo ist Kasia?

Zwei Tage nach Danutas Tod verließ eine Mitarbeiterin den Friseursalon in der Zebrzydowicka-Straße. Ein Fremder kam auf sie zu und fragte nach Kasia. Die überraschte Frau antwortete, dass dort niemand wie sie arbeite.
Der unbekannte Mann sagte, was die Frau für einen Unsinn reden würde, denn er habe Kasia doch heute Morgen gesehen. Einen Moment später kam noch ein zweiter unbekannter Mann dazu, dem der erste Mann befahl, sein Gesicht zu bedecken. Kasia war das Mädchen, das am Tag von Danutas Tod am Empfang der Schule auf ihren Freund gewartet hatte, von zwei Jungen angesprochen wurde. Die Schülerin absolvierte ein Praktikum in einem Friseursalon, wurde aber am selben Tag von der Polizei zum Verhör abgeführt. Die Ermittler konnten die Identität der mysteriösen Männer, die nach ihr fragten, nie feststellen.

Anklage erhoben

Acht Tage nach dem Mord an der Reinigungskraft Danuta Matusik erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Adam M. Der Mann war bereits wegen Diebstahls vorbestraft, und Zeugen sagten aus, ihn in der Nähe der Schule gesehen zu haben. Es stellte sich jedoch heraus, dass Adam M. in der Nähe wohnte. Wenige Tage später wurde er als Täter offiziell ausgeschlossen, da zweifelsfrei festgestellt werden konnte, dass er zum Zeitpunkt von Danutas Ermordung mit dem Bus aus Żory unterwegs war. Die Anklage gegen ihn wurde mit sofortiger Wirkung eingestellt.

Der schwarze Marsch

Zwei Monate nach Danutas Tod organisierten Schüler der Schule, an der sie gearbeitet hatte, einen schwarzen Marsch durch die Straßen von Rybnik. Sie appellierten auch an andere Bildungseinrichtungen in Rybnik, sich dem Protest gegen sinnlose Gewalt anzuschließen. Dutzende Menschen nahmen daran teil. Die Jugendlichen trugen schwarze Papierblumen und Transparente mit Slogans wie "Nieder mit der Gewalt", "Wir werden nicht tatenlos zusehen" und "Sichere Schule". Danutas Ehemann führte den Marsch an. Er sagte bei der Kundgebung nach dem Marsch:

„Ich dachte, Rybnik sei eine sichere Stadt. Bis sie meine Frau ermordeten. Ich marschiere, auch wenn es schwer ist, aber was, wenn es etwas verbessern kann? Ich wünsche niemandem, was ich durchgemacht habe. Der Arzt, der die Autopsie meiner Frau durchführte, riet mir davon ab, die Leiche zu besichtigen. Es war das Werk eines Verrückten. Wir müssen irgendwie ohne Danusia klarkommen; Freunde werden helfen, Familie wird helfen.“

Der schwarze Marsch im Jahr 2000 in Rybnik. 
Foto: Google 

Das psychologische Gutachten

Monate vergingen, doch die Polizei kam bei ihren Ermittlungen nicht weiter. Im August 2000 wurde ein psychologisches Gutachten erstellt, das den Mörder von Danuta Matusik und sein mögliches Motiv zu beschreiben versuchte. Dieses Gutachten wurde von einem forensischen Psychologen erstellt. Aus dem psychologischen Gutachten geht hervor, dass der Täter aus einer Familie der Unterschicht stammte und nur eine schulische Grundbildung hatte. Der Täter ist entweder ein Jugendlicher oder ein junger Erwachsener mit einer Anpassungsstörung und Impulsstörung. Der Täter achtet auf sein Äußeres. Weiter geht aus dem Gutachten hervor, dass der Täter die Tat nicht geplant hatte, sondern spontan gehandelt habe. Der Experte betont zudem, dass der Angreifer möglicherweise berauschende Substanzen eingenommen habe, die seine sexuelle Erregung ausgelöst haben könnten.
Dieses Gutachten trug jedoch nicht zur Lösung des Rätsels bei.

Wer ist Jan O. und hat er etwas mit dem Mord an Danuta Matusik zu tun?

Zunächst habe ich mich gefragt, wie die Polizei auf Jan O. als möglichen Verdächtigen im Mordfall Danuta Matusik gekommen ist?
Es stellte sich schnell heraus, dass Jan O. für die Polizei kein Unbekannter ist. Er ist bereits mit Diebstählen und anderen kleineren Straftaten aufgefallen. Und auch in den Ermittlungsakten tauchte Jan O. bereits im März 2000 auf. [Anm. Ich werde weiter unten im Abschnitt, noch näher auf die Sache eingehen.]
Und Jahre später taucht Jan O. erneut in den Ermittlungsakten auf. Dieses Mal hat ein Informant [Daniel W. ] aus dem Gefängnis von Nysa Jan O. belastet und mit dem Mord an Danuta Matusik in Verbindung gebracht. Im März 2002 wurde Daniel W. wegen Raubes zu einer Haftstrafe von drei Jahren in Ratibor verurteilt. Sechs Monate später landete er im Gefängnis von Nysa. Dort lernte er Jan O. kennen, mit dem er sich eine Zelle geteilt hatte. Als Daniel W. ohne Jan O. draußen seinen Hofgang machte, hörte er von anderen Häftlingen, Gerüchte über den Mord an einer Putzfrau in einer Schule in Rybnik und das Jan O. die Frau getötet habe. Daniel W. versuchte, mit Jan O. über das Thema zu sprechen, um herauszufinden, ob da tatsächlich was dran ist.

Irgendwann hatten Daniel W. und Daniel O. mal wieder zusammen Hofgang gehabt und unterhielten sich. Jan O. fing an, sich über seine Haftstrafe zu beschweren. Irgendwann beschloss Daniel W., dass es nun ein guter Zeitpunkt sei, etwas über Danutas Tod herauszufinden. Er sagte zu seinem Zellengenossen, dass die Polizei von Rybnik eine hundertprozentige Aufklärungsquote hat. Jan O. sagte, dass sie nur eine 99% Aufklärungsquote haben. Daniel W. fragte, wie er denn auf die 99% komme? Jan O. antwortete, dass sie einen Mord, der Mord an einer Putzfrau, bisher nicht aufgeklärt haben. Er sagte weiter, dass er gut aus dieser Sache rausgekommen sei. Daniel W. sagte, dass er richtig Glück gehabt hätte und beendete das Gespräch. Noch am selben Abend soll Jan O. den Tod von Danuta Matusik erneut zur Sprache gebracht haben. Er sagte, dass er dafür 15 bis 20 Jahre im Gefängnis landen könnte.

Informant schreibt Brief an die Polizei 

Als Jan O. vom Gefängnis in Nysa in das Gefängnis in Opole verlegt wurde, überlegte sein Zellengenosse tagelang, was er mit den Informationen über Danutas Mord anfangen sollte. Schließlich schrieb er einen Brief an die Ermittler, in dem er beschrieb, was Jan O. ihm erzählt hatte.
Die Aussage von Daniel W. legt nahe, dass Jan O. möglicherweise an Danutas Tod beteiligt war, aber nicht nur das. Zwei Tage nach dem Mord diskutierten drei Jungen, die in der Nähe der Schule wohnten, über den Mord an der Putzfrau. Plötzlich stand ein betrunkener Jan O. neben ihnen. Die Jugendlichen fragten ihn direkt, ob er die Putzfrau getötet habe. Jan O. soll es zunächst abgestritten und dann doch gesagt haben, dass er sie getötet habe. Jan O. fügte noch hinzu, dass das Beste an der Sache war, als er ihr die Kehle durchgeschnitten habe.

Polizei überprüft Jan O.  

Die Polizei nahm den Brief von Daniel W. sehr ernst, deshalb besorgten sich die Ermittler zunächst alle verfügbaren Informationen über Jan O. und überprüften seinen Hintergrund mit den Informationen vom psychologischen Gutachten. Nach der Überprüfung stellte sich heraus, dass Jan O. auf das von Experten erstellte psychologische Profil des Täters im Mordfall Danuta Matusik passt.
Zum Zeitpunkt des Mordes im März 2000, war Jan O. 16 Jahre alt. Seine Mutter sei gestorben, als er acht Jahre alt war. Jan O. hat noch zwei ältere Schwestern, die ihn nicht auffangen konnten. Der Vater musste nun alleine für den Lebensunterhalt sorgen und arbeitete viel. Ab diesem Zeitpunkt hatte er ein Problem mit Autoritäten und Regeln. Er schwänzte die Schule und trieb sich draußen alleine rum. Er begann mit Diebstählen und brach die Schule in der sechsten Klasse ab. Somit hat er nur eine schulische Grundbildung. Er fing an, regelmäßig Klebstoff und Farbverdünner zu schnüffeln. Er wurde aggressiv und impulsiv. Er haute auch immer wieder von Zuhause ab und trieb sich auf den Straßen von Rybnik herum. Jan O. übernachtete oft in Treppenhäusern von Hochhäusern. Außerdem war er den Strafverfolgungsbehörden bereits kurz nach dem Mord aufgefallen, aber die Ermittlungen wurden damals eingestellt. 

Die Befragung von Jan O.

Die Polizei wollte sich nun auch persönlich ein Bild von Jan O. machen und ihn vernehmen. Als Jan O. erfuhr, dass Daniel W. ihn verdächtigt hatte, behauptete er, dass es nur aus Rache geschehen sei. Er erklärte aber nicht, warum Daniel W. sich ab ihm "rächen" und ihm dem Mord an Danuta Matusik anhängen wolle. Die Ermittler gaben sich mit seinen Antworten zufrieden und überprüften ihn nicht intensiver. Außerdem leiteten sie kein Ermittlungsverfahren ein. Die Akten wurden mit den Aussagen von Daniel W. ergänzt und gingen an die Staatsanwaltschaft zurück. Hat die Polizei bezüglich Jan O. zu schnell zufrieden gegeben?

Was hat Jan O. am Tag des Mordes gemacht?

Als erstes möchte ich anmerken, dass es für mich nur schwer verständlich ist, warum die Polizei nicht weiter bezüglich Jan O. ermittelt hat. Mir liegen Informationen über Jan O. vor, die ihn zumindest sehr verdächtig erscheinen lassen. Aber nun zu der Frage, was Jan O. am Tag des Mordes gemacht hat und wo er sich aufgehalten hat?

Am Tag des Mordes [2. März 200] wacht Jan O. im Treppenhaus eines Hochhauses auf. Jan O. verlässt das Wohnhaus und geht in Richtung Berufsschulkomplex. Hinter dem Verteilzentrum bleibt er stehen und wartet auf seine Freunde, die in der Pause auf eine Zigarette vorbeikommen. Einem von ihnen erzählt er, dass er den Wohnungsschlüssel von Tomasz O. gestohlen habe und seine Wohnung verbrennen werde.

Fahrt nach Jastrzębie-Zdrój

Nach 11.00 Uhr nahm er einen Bus nach Jastrzębie-Zdrój. [Anm. Jastrzębie-Zdrój, (deutsch: Bad Königsdorff-Jastrzemb), ist eine oberschlesische Stadt im Süden Polens. Sie liegt rund 22 km südlich von Rybnik, 100 km westlich von Krakau sowie etwa 30 km nordöstlich von Ostrava in unmittelbarer Nähe der tschechischen Grenze. Im Jahr 2020 hatte Jastrzębie-Zdrój 88.038 Einwohner.] Dort irrte Jan O. ziellos umher, zuerst ging er in Richtung Hauptbahnhof, dann Richtung Arka-Bożeka-Straße, von wo aus er wieder nach Rybnik zurückkehrte. Gegen 16.00 Uhr erreichte er das Kraftwerk und die Schule, in der Danuta arbeitete. Er trifft ein paar Freunde. Gemeinsam schnüffelten sie Klebstoff und Verdünner.

Die Auseinandersetzung mit Tomasz O. 

Jan O. geht auf eine Gruppe Gleichaltriger zu. Unter ihnen ist auch Tomasz O., dem er die Wohnungsschlüssel gestohlen hat. Es kommt zu einer Rauferei zwischen den Jugendlichen. Tomasz O. drückt Jan O. gegen die Wand und wirft ihn dann zu Boden, ohne jedoch seine Fäuste einzusetzen. Jan O. verliert den Kampf und wird vor seinen Freunden gedemütigt. Wütend stößt er Drohungen aus und macht sich auf den Weg zur Schule. Zu diesem Zeitpunkt ist es etwa 18.30 Uhr.
Nachdem Tomasz O. ihn gedemütigt hat, droht Jan O. und geht in Richtung Schule. Es ist kurz vor 19 Uhr. Bis er am Absperrband erscheint, ist unklar, was genau mit dem Jungen passiert. Seine Geschichte ist inkonsistent, er präsentiert widersprüchliche Versionen und lügt. [Anm. Vom zeitlichen Ablauf des Mordes könnte Jan O. den Mord tatsächlich begangen haben.]

Jan O. beobachtet die Polizei 

Die Polizei hat mit einem Absperrband das Gebäude vor Gaffern abgesperrt. Jan O. kommt näher und beobachtete die Ermittler bei der Arbeit. Einer seiner Freunde erzählte ihm, dass eine Putzfrau verschwunden sei und die Polizei nach ihr suche. Kurz darauf antwortete der Junge, dass er etwas zu trinken brauche. Er verbrachte die Nacht zum 3. März 2000 im Treppenhaus eines Wohnhauses in der Floriańska- oder Wawelska-Straße. In der Nachbarschaft wird getratscht: Jan O. soll Danuta umgebracht haben, weil sie ihn einmal bei einem Einbruchsversuch in die Schule erwischt hat.

Widerspruch in seiner Aussage 

Laut Jan O. stand er am Tatabend [2. März 2000] um 18.30 Uhr an einer Bushaltestelle, vier Kilometer von der Schule entfernt, an der Danuta arbeitete. Das ist rätselhaft, denn gleichzeitig, streitete er sich in unmittelbarer Nähe zur Berufsschule mit Tomasz O. Das haben vier Personen ausgesagt.
Unterdessen erzählte Jan, dass er an der Bushaltestelle ein Paar vorbeigehen sah und den Jungen als seinen Freund erkannte. Zumindest behauptete er das. Je nach Geschichte nennt er ihn Adam, Piotr, oder Michał. Er grüßte den Jungen/Freund und das Mädchen, aber das Paar ging weiter. Nachdem er seine Verlobte zum Wohnheim begleitet hat, kehrte der "Freund" zur Bushaltestelle zurück. Ein Bus kam an, und der Junge versuchte einzusteigen, aber er hörte Jan O.s Stimme. Jan O. warnte ihn, dass Fahrkartenkontrolleure drinnen sind. Jan O. schlug vor, zusammen in der Nähe des Wolności-Platzes ein Bier trinken zu gehen. [Anm. Der Wolności-Platz ist gut vier Kilometer von der Berufsschule und dem Tatort entfernt.] Sie blieben dort angeblich bis 21.00 Uhr und gehen dann, weil das Barpersonal die Bar schließen will. Auf dem Weg nach draußen streitete Jan O. sich mit der Barkeeperin, weil sie ihm keine Zigaretten verkaufen wollte. Danach kehrte Jan O. zur Schule zurück und bleibt am Polizeiabsperrband stehen.

Stimmt die Geschichte von Jan O. doch?

Die in der Geschichte erwähnte Freund namens Adam, Piotr oder Michał ist in Wirklichkeit Tomasz Ch. Er bestätigte, dass er am Tag von Danutas Ermordung seine Freundin zum Internat begleitete und als er in den Bus einsteigen wollte, ihn ein Fremder vor der Fahrkartenkontrolle warnte. Anschließend gingen sie zusammen in eine nahegelegene Bar, um ein Bier zu trinken.
Er behauptete, dass er Jan O. nicht kenne und sein Gesicht nicht beschreiben kann. Beata, seine Freundin, sagte ebenfalls, dass sie Jan O. nie gesehen habe.

Jan O. bestreitet die Tat

Am Tag nach dem Mord [3. März 2000] sitzt Jan O. im Treppenhaus. Plötzlich wird er von dem Jugendlichen Grzegorz P. entdeckt, der im Wohnhaus wohnt. Jan O. fing an zu weinen und sagte, dass er es nicht gewesen sei. Das sagte Grzegorz P. zumindest bei den Ermittlern aus. Grzegorz‘ Vater will Jan O. zur Polizei bringen, damit er alles erklären kann. Jan O. weigert sich und geht nach draußen.

Jugendliche verdächtigen Jan O. 

Zwei Tage nach dem Mord diskutieren Szymon, Ireneusz und Michał – drei Jugendliche aus der Nähe der Schule – über die tragischen Ereignisse. Sie kommen zu dem Schluss, dass Jan für den Mord verantwortlich ist. Plötzlich erscheint Jan O. und die Jungen fragen ihn direkt, ob er es getan hat. Jan O. verneint dies zunächst. Die Jungen bemerken, dass Jan O. betrunken ist und nach Alkohol stinkt. Plötzlich gibt Jan O. doch von alleine zu, dass er Danuta getötet habe und das Beste an der Sache war, ihr die Kehle durchzuschneiden.
Das Gespräch wird durch die Ankunft von Tomasz O. unterbrochen, demselben Mann, dessen Schlüssel Jan O. gestohlen und gedroht hat, seine Wohnung niederzubrennen. Als Tomasz O. seinen Rivalen Jan O. entdeckt, verfolgt er ihn. Er will, dass Jan O. ihm die Schlüssel zurück gibt. Tomasz O. holt Jan O. ein und tritt ihm heftig ins Gesicht. Jan O. schreit Tomasz O. an und sagt, dass er ihn töten werde wie diese Putzfrau. Einen Moment später erscheint ein Polizeiauto und hält Jan O. an.

Polizei nimmt Jan O. in Gewahrsam 

Am 4. März 2000 wurde Jan O. in das Polizeigewahrsam der Polizeiwache Rybnik gebracht. Die Ermittler beschlagnahmten seine Jacke, die blutverschmiert war. Jan O. erklärt den Ermittlern, dass die Jacke bei einer Schlägerei mit Blut beschmutzt wurde. Die Schlägerei hat sich angeblich im Club "Wiva" in Rybnik ereignet.
Er sei allein dort gewesen, habe ein Bierglas am Kopf bekommen, deshalb sei Blut aus Kopf und Nase geflossen. Auslöser für den Angriff sei die vulgäre Reaktion von Jan O. auf einen Fremden gewesen.
Das Gericht in Rybnik entschied, dass Jan O. bis zum 18. März 2000 im Untersuchungsgefängnis in Kattowitz bleiben muss.

Kleidung wird forensisch untersucht 

Ermittler stellen die Kleidung für Untersuchungen sicher. Auf der Jacke wird das Blut von Jan O. gefunden. Darüber hinaus stellen Labortechniker fest, dass sich auf den Socken und der Jacke menschliches Blut befindet, sie können jedoch nicht feststellen, wessen Blut es ist. Am 18. März 2000 wurde Jan O. aus Mangel an Beweisen aus der Untersuchungshaft entlassen. Und das war alles, was die Polizei bezüglich Jan O. im Jahr 2000 gemacht hat. Hätte man Jan O. nicht noch genauer überprüfen müssen, auch um ihn beispielsweise als Tatverdächtiger zweifelsfrei auszuschließen? Das kann jeder für sich beantworten. 

Der Zeuge Wiesław B.

Wiesław B. ist seit zwei Jahren obdachlos. Er hat ein Alkoholproblem und geht seit anderthalb Jahren regelmäßig zu einer ambulanten Therapie in eine Entzugsklinik, doch seine Sucht verschlimmerte sich immer mehr. Seine Frau hat ihn wegen Alkoholkonsums aus der Wohnung geworfen, doch sie sind in Kontakt geblieben. Manchmal kommt Wiesław B. nach Hause, duscht und isst etwas. Seine Frau hat nur eine Bedingung gestellt, er kann nur nach Hause kommen, wenn er nüchtern ist. Trotz seiner schwierigen Situation arbeitet er als Bauarbeiter in einem nahegelegenen Kraftwerk. [Anm. Das Kraftwerk liegt in der Nähe der Berufsschule in der St.-Maksymilian-Straße in Rybnik.]

Das Kraftwerk liegt in unmittelbarer Nähe zur Berufsschule ZSP nr 13 im. Konrada Szwedy in Rybnik im Stadtteil Rybnicka Kuźnia. 
Foto: Google Maps 

Der mysteriöse Junge

Wiesław B. ist oft in der Bar neben der Schule, in der Danuta arbeitet. Auch an jenem schicksalhaften Tag war er dort. Irgendwann stand er vom Tisch auf, ging nach draußen und suchte die Toilette auf. Am Waschbecken bemerkte er einen Jungen. Er war schlank, groß, hatte schulterlanges blondes Haar und keine Narben im Gesicht. Er trug eine schwarze Jacke und schien etwa 16 oder 17 Jahre alt zu sein. Der Junge wäscht sich die Hände. Im Waschbecken war eine rote Substanz zu sehen. Wiesław ist sich sicher, dass es Blut ist. Er fragt nicht, was passiert ist. Er ist überzeugt, dass der Junge sich mit jemandem gestritten hat. Wiesław B. verlässt die Toilette und kehrt an den Tisch zurück. Einen Moment später betritt die Polizei die Bar und beginnt, die Ausweise der Gäste zu kontrollieren. Aus Angst vor Vergeltung geht Wiesław B. nicht zur Polizei. Einige Zeit nach dem Mord irrt er im Umfeld der Schule umher und hofft, den mysteriösen Jungen zu finden. Vergeblich.

Die Verfolgung 

Ende Oktober 2000 verließ Wiesław B. eine Bar. Kurze Zeit später wurde er von vier jungen Männern verfolgt. Er flieht nach Hause. Eine Polizeistreife trifft ein. Wiesław B. erzählt nun die ganze Geschichte. Laut Wiesław B. zufolge war es nicht möglich, ein detailliertes Phantombild von dem mysteriösen Jungen zu erstellen, sondern nur ein allgemeines/grobes Phantombild.

Das ist das grobe Phantombild des mysteriösen Jungen, den Wiesław B. gesehen hat. 
Foto: Polizei 

Fall wurde den X-Akten zugewiesen

Im Jahr 2024 wurde der Mordfall und Cold Case Danuta Matusik den X-Akten des Woiwodschaftspolizeipräsidiums in Kattowitz zugewiesen. [Anm. Ich habe die Bedeutung der X-Akten in Polen schon mehrmals erklärt, aber ich möchte dies trotzdem für alle neuen Leser erklären. In Polen gibt es bei der Kriminalpolizei das Archiwum X (deutsch: X-Akten), das ist eine gesonderte Abteilung, die sich seit den 1990er Jahren ausschließlich mit ungeklärten Kriminalfällen wie Morde beschäftigen, die dank neuer Spuren, Technologien und Zeugenaussagen wieder aufgegriffen werden. Sie befassen sich mit Fällen, die lange Zeit ungelöst blieben, oft geht es um schwere Verbrechen gegen Leben und Gesundheit, sowie mit der Suche nach vermissten Personen. Man kann es mit der Cold Case Unit der amerikanischen Strafverfolgungsbehörden oder mit der Ermittlungsgruppe Cold Cases/Altfälle der deutschen Strafverfolgungsbehörden vergleichen. Vereinfacht gesagt, diese Abteilung beschäftigt sich ausschließlich mit Cold Cases (polnisch Archiwum X).] Es bleibt zu hoffen, dass die Polizei mit einer neuen Cold-Case-Untersuchung erneut Bewegung in den Fall bringt oder ihn sogar aufklären kann. Ich hoffe, dass die Beamten sich auch noch einmal Jan O. vornehmen, um ihn beispielsweise sicher als Verdächtigen ausschließen zu können.

Im Jahr 2024 wurde der Mordfall und Cold Case Danuta Matusik den X-Akten des Woiwodschaftspolizeipräsidiums in Kattowitz zugewiesen. Neue Ermittler kümmern sich mit einem frischen Blick um den Cold Case. Vielleicht ist das die letzte Chance, dass der Mord an Danuta Matusik doch noch aufgeklärt werden kann.
Foto: Polizei 

Die Nachwirkungen 

Witold Matusik blieb mit vier Kindern allein zurück. Nach dem Tod seiner Frau erhielt er eine Entschädigung von 61.000 PLN [knapp 15.000 Euro]. Witold Matusik sieht alles sehr realistisch. Nach 25 Jahren glaubt er nicht mehr an die Identifizierung des Täters und an die Aufklärung des Falls. Für Witold Matusik und die vier Söhne war der Verlust von Ehefrau und Mutter sehr schwer. Er musste seine Kinder alleine großziehen. Zudem kamen finanzielle Probleme dazu, da er Frührentner war und nicht arbeiten konnte. Er bekam für die vier Söhne eine kleine Halbwaisenrente, aber sie reichte nicht aus, um alle laufenden Kosten zu decken. Die Familie Matusik lebt seit 25 Jahren in Ungewissheit, wer Danuta hat und warum sie getötet wurde. Die Söhne sind zwar mittlerweile erwachsen und haben eigene Familien gegründet, aber sie sind weiterhin traumatisiert und können nicht über den Mord sprechen.

Aktuelle Einstufung des Falls

Der Tod von Danuta Matusik wurde als Tötungsdelikt bzw. als Mord eingestuft. Der Fall ist nach 25 Jahren zu einem Cold Case geworden. Mittlerweile wurde der Fall den Ermittlern der X-Akten des Woiwodschaftspolizeipräsidiums in Kattowitz zugewiesen. Es ist unklar, ob und wie aktiv/intensiv sie in dem Cold Case aus dem Jahr 2000 ermitteln. Die polnischen Strafverfolgungsbehörden versicherten aber, dass der Fall des Mordes an Danuta Matusik bei der Polizei sicher nicht in Vergessenheit geraten ist.
Die Ermittler sind weiterhin auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen, um neue Ermittlungen anzustoßen. Jeder Hinweis könnte wichtig sein.

Fragen der Ermittler:
  1. Wer hat am Abend des 2. März 2000 in der Zeit zwischen 19.00 und 19.30 Uhr den Mord an Danuta Matusik im Bereich der Müllcontainer der Berufsschule in der St.-Maksymilian-Straße in Rybnik beobachtet?
  2. Wer hat am Abend des 2. März 2000 in der Zeit zwischen 19.00 und 19.30 Uhr eine Auseinandersetzung oder einen verbalen Streit im Bereich der Müllcontainer der Berufsschule in der St.-Maksymilian-Straße in Rybnik gesehen?
  3. Wer hat am Abend des 2. März 2000 in der Zeit zwischen 19.00 und 19.30 Uhr eine verdächtige Person im Bereich der Müllcontainer der Berufsschule in der St.-Maksymilian-Straße in Rybnik gesehen?
  4. Wer hat am Abend des 2. März 2000 gegen 19.30 Uhr oder danach eine verdächtige Person [möglicherweise Blutverschmiert] im Umfeld der Berufsschule in der St.-Maksymilian-Straße in Rybnik gesehen?
  5. Wer kennt die genauen Umstände und Hintergründe des Mordes an Danuta Matusik?
  6. Wer weiß, wer für den Tod von Danuta Matusik verantwortlich sein könnte?
  7. Hat der Täter sich vielleicht jemandem anvertraut und über die Tat gesprochen? Die Polizei bittet diese Person, Kontakt zu den Ermittlern aufzunehmen. Diese Person braucht keine Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen zu haben, da das meiste [außer Mord] mittlerweile verjährt ist. Diese Person kann auch anonym mit den Ermittlern in Kontakt treten.
  8. Wer hat am Abend des 2. März 2000 im Umfeld der Berufsschule in der St.-Maksymilian-Straße oder im Stadtgebiet von Rybnik eine verdächtige Person oder etwas Verdächtiges beobachtet?
  9. Wer hat Gerüchte über den Mord gehört?
  10. Wer hat andere Beobachtungen oder Wahrnehmungen gemacht, die mit dem Mord an Danuta Matusik in Zusammenhang stehen könnten?
  11. Wer hat sonstige Informationen zu diesem Fall?

Wer Informationen hat, wird gebeten, sich an das Woiwodschaftspolizeipräsidium in Kattowitz
[Provincial Police Headquarters in Katowice] unter der Rufnummer +48 47 851 22 22 zu wenden.

Kurze Information in eigener Sache 

Bitte besucht doch auch mal meinen Zweitblog. Dort gibt es mehrere interessante Formate wie beispielsweise "Cold Case der Woche", "John und Jane Doe des Monats", "Vermisste und ermordete indigene Frauen" und "Missing 411-Cases". Ich würde mich über Euren Besuch sehr freuen.

Vielen Dank! 

Liebe Grüße 

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