EINHAUSEN: Tötungsdelikt z. N. von Baby "Frieda " (1999)

Der Mord an Baby "Frieda"

Wer kann in einem Cold Case aus dem Jahr 1999 helfen?

Im heutigen Beitrag geht es um einen Cold Case aus dem Jahr 1999. Der Fall hat sich im Bereich Autobahn 67 bei Einhausen [in südlicher Richtung], in Südĥessen, ereignet. Der Fall konnte bisher nicht aufgeklärt werden. Leider gibt es nicht viele Informationen über den Fall, aber ich bin der Meinung, dass jeder Fall unsere volle Aufmerksamkeit verdient. 

Der Mord an Baby "Frieda" ist seit 1999 ungeklärt.
Foto: Google 

Die Entdeckung 

Am 28. April 1999 [Mittwoch] gegen 11.00 Uhr informierte ein anonymer Hinweisgeber die Rettungsleitstelle Bergstraße über den Fund eines toten Säuglings in Plastiktüten. Der Hinweisgeber habe gesagt, dass er den toten Säugling in einem Waldstück am Parkplatz "Jägersburger Wald" der Autobahn 67 bei Einhausen in Richtung Süden in Plastiktüten entdeckt habe. 

Der Leichenfundort befindet sich auf einem Parkplatz direkt an der Autobahn 67 bei Einhausen [Hessen].
Foto: Google Maps 

Der Leichenfundort befindet sich in einem Waldstück am Parkplatz "Jägersburger Wald" an der Autobahn 67 in südlicher Richtung. 
Foto: Google Maps 

Der Parkplatz "Jägersburger Wald" an der Autobahn 67. Hinter der Mülltonne befindet sich ein kleiner Pfad, der zu einem Zaun in einem kleinen Waldstück führt. Dort befindet sich der Leichenfundort. 
Foto: Google Maps 

 Der Parkplatz "Jägersburger Wald" an der Autobahn 67. Hinter der Mülltonne befindet sich ein kleiner Pfad, der zu einem Zaun in einem kleinen Waldstück führt. Das Gelände des Parkplatzes war damals nicht komplett mit dem Zaun abgegrenzt, sondern dort befand sich ein Durchgang. In einem kleinen Waldstück, ein paar Meter hinter dem Durchgang des Zauns, wurde eine Plastiktüte mit der Babyleiche gefunden.
Foto: Google Maps 

Der anonyme Hinweisgeber 

Der Hinweisgeber wollte seinen Namen nicht nennen und ist bis heute unbekannt. Den Anruf könnt ihr noch einmal über das eingebettete YouTube Video anhören. Für die Ermittler wäre die Identifizierung des Hinweisgebers sehr wichtig, da er ein wichtiger Zeuge ist. 



Polizei erreichte den Leichenfundort 

Kurze Zeit nach der Meldung über den Leichenfund erreichten die Ermittler den Fundort. Die Beamten fanden, wie vom Hinweisgeber angegeben, tatsächlich eine Plastiktüte mit der Babyleiche. Die Ermittler forderten die Kriminaltechniker an, damit mögliche Spuren und Beweise gesichert werden konnten. Anschließend wurde die Leiche geborgen und für weitere forensische Untersuchungen zum Rechtsmedizinischen Institut Frankfurt am Main transportiert. 

Luftaufnahme vom Parkplatz "Jägersburger Wald" an der Autobahn 67 bei Einhausen [Hessen]. Dort, in dem kleinen Waldstück hinter dem Parkplatz, wurde im April 1999 die Babyleiche entdeckt.
Foto: Polizei 

Die Autopsie 

Die Autopsie der Babyleiche wurde von dem zuständigen Rechtsmediziner durchgeführt. Der Rechtsmediziner stellte fest, dass es sich bei der Babyleiche um ein kleines Mädchen handelt. Das kleine Mädchen war mit einem Unterhemd, einem weiß-gelben Strampelanzug mit Comic-Motiven, einer hellen Mütze bekleidet und in eine weiße Decke mit Tiermotiven eingewickelt.
Das Mädchen war zwei Tage alt. Das Mädchen wurde vermutlich kurz nach der Geburt getötet. Die genaue Todesursache war vermutlich Ersticken.

Das kleine Mädchen trug bei der Entdeckung ein weißes Unterhemd, einen weiß-gelben Strampelanzug mit Comic-Motiven und eine helle Mütze.
Foto: Polizei 

Der Strampelanzug war von der Marke "Babyclub".
Foto: Polizei 

Auch die Decke war von der Marke "Babyclub".
Foto: Polizei 

Bei der Entdeckung war die Leiche des kleinen Mädchens in diese weiße Decke mit Tiermotiven eingewickelt.
Foto: Polizei 

Der Neonatizid

Man kann wohl davon ausgehen, dass es sich bei dem Tod von Baby "Frieda" um einen sogenannten Neonatizid handelt. Ich möchte den Neonatizid kurz näher erläutern. Der Neonatizid [Neugeborenentötung] bezeichnet die Tötung eines neugeborenen Kindes, in der Regel unmittelbar nach der Geburt.

Während in einigen Kulturkreisen die Tötung neugeborener Kinder eine übliche Maßnahme zur Vermeidung von u. a. Überbevölkerung war bzw. ist, schließt sonst diese Form der Kindstötung [Infantizid] an Schwangerschaften an, die bis zur Geburt des Kindes von der Mutter geheim gehalten oder sogar vor sich selbst verleugnet wurden. Die Tötung erfolgt hier bis auf wenige Ausnahmen durch die Kindesmutter selbst als extreme Stress- und Panikreaktion nach der "Überraschung" der plötzlich erlebten Geburt. Die Mutter muss sich in einer extremen Ausnahmesituation befunden haben. Das entschuldigt die Tat natürlich nicht, aber ich möchte versuchen zu erklären, wie es zu so einer schweren Tat kommen kann. Das Zusammentreffen mehrerer Faktoren führt in manchen Fällen zur Tat. Es gibt keinen Nachweis, dass bei Müttern, die einen Neonatizid vornehmen, eine Persönlichkeitsstörung vorliegt, beispielsweise im Sinne fehlender Reife oder völlig unzureichender Bewältigungsmechanismen, wie bei anderen Müttern. Aber erstere sind im Falle der Aussetzung Neugeborener nicht in der Lage, Hilfsangebote wie die Schwangerschaftskonfliktberatung, Babyklappen oder die Freigabe zur Adoption zu nutzen. 

Auslöser für die pathologische Verheimlichung der Schwangerschaft und die spätere Aussetzung oder Tötung eines Säuglings kann das Umfeld der Mutter sein, wenn es eine mögliche Elternschaft ablehnt oder mit negativen Konsequenzen belegen würde.  Aber auch in intakten und eigentlich akzeptierenden Umfeldern kam es zu Fällen von Neonatizid und Kindesaussetzung, bei denen die Mutter den Grund für ihr Verhalten nicht rational erklären konnte.

Es wird in Medien und Öffentlichkeit häufig die Ursache in den Lebensbedingungen der Täterinnen gesucht, beispielsweise dass diese etwa sehr jung, in Ausbildung oder arbeitslos seien. Aber tatsächlich sind Müttern aller sozialen Schichten betroffen. Unter den Frauen, die ihr Baby umgebracht haben, können Schulmädchen genauso wie Erziehungswissenschaftler und Sozialpädagogik-Studentinnen sein. Es geht praktisch durch alle Schichten und durch alle Altersklassen.

Es gibt nach aktuellen Erkenntnissen nur ein übereinstimmendes, eindeutiges Merkmal bei allen Taten: das persönliche Umfeld der Mütter hat die Schwangerschaft nicht wahrgenommen bzw. die Mütter konnten diese erfolgreich verbergen. Weiter sind keine eindeutigen Merkmale nachgewiesen. Als andere begünstigende Faktoren für einen Neonatizid kommen auch, aber nicht notwendigerweise, das Fehlen oder Nichtfunktionieren engerer sozialer Stütz- und Kontrollsysteme oder auch schwere Suchterkrankungen in Betracht, zumal, wenn sie Kritik- und Urteilsfähigkeit sowie den Bezug zur Realität beeinträchtigen.

Neonatizid im deutschen Strafrecht

Ich möchte auch kurz den Neonatizid im deutschen Strafrecht beleuchten. Rechtlich werden Neonatizide nach § 212 StGB [Totschlag, Strafmaß 5 bis 15 Jahre] oder §§ 212, 213 [Minder schwerer Fall des Totschlags, Strafmaß 1 bis 10 Jahre] des Strafgesetzbuches verurteilt. Treten Merkmale wie Habgier, Grausamkeit oder rücksichtslose Eigensucht bei der Kindstötung auf, so ist die Kindstötung als Mord nach § 211 zu werten.

In Deutschland gab es bis zur Sechsten Strafrechtsreformgesetz 1998 für den Neonatizid eines nichtehelichen Kindes die strafrechtliche Privilegierung des § 217 StGB [„Eine Mutter, welche ihr nichteheliches Kind in oder gleich nach der Geburt tötet“, Strafmaß 3 bis 15 Jahre, minderschwere Fälle 6 Monate bis 5 Jahre], der von einem verminderten Unrecht ausging auf Grund des gesellschaftlichen Drucks auf unverheiratete Mütter in den früheren Jahrhunderten [gesellschaftliche Ausstoßung, Verlust etwa der Arbeit, Pranger]. Die Tötung eines ehelichen Kindes wurde damit aber nicht erfasst und als Totschlag gewertet.

Abschaffung der Strafvorschrift von 1998 

Mit dem gesellschaftlichen Wandel und der Akzeptanz und Gleichstellung der nichtehelichen Kinder wurde diese Strafvorschrift 1998 als überflüssige, nicht mehr zeitgemäße Vorschrift angesehen und somit abgeschafft.

Untersuchungen zum Strafmaß zeigen, dass in 40 Prozent der abgeurteilten Fälle Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren verhängt wurden. In der Regel werden die Taten als Totschlag bewertet, häufig als minder schwerer Fall.

Die Ermittlungen im Jahr 1999

Die Staatsanwaltschaft Darmstadt übernahm zusammen mit der Kriminalpolizei Darmstadt die Ermittlungen in dem Fall. Nach dem Fund der Babyleiche wurden an den Raststätten entlang der Autobahn 67 Fahndungsplakate aufgehängt, um Zeugen zu finden. Auch in den Tageszeitungen wurde auf den Fall aufmerksam gemacht und nach Hinweisen gesucht. Auch die Plastiktüten, in denen die Babyleiche am Fundort abgelegt worden ist, wurden von den Beamten der Kriminaltechnik untersucht. 
In einer der Plastiktüten konnte ein Kassenbeleg sichergestellt werden, der einen Einkauf im Januar 1999 bei einer Karstadt-Filiale in Offenburg im Ortenaukreis, Baden-Württemberg dokumentiert.

Polizei erhält Hinweise aus der Bevölkerung 

Die Polizei erhielt einige Hinweise aus der Bevölkerung, nachdem auch über die Medien auf den Fall aufmerksam gemacht und berichtet wurde. Mehrere Zeugen teilten der Polizei mit, dass sie am späten Abend des 27. April 1999 eine junge Frau an der Raststätte "Lorsch" aufgehalten habe, die durch ihr unerklärliches Verhalten aufgefallen sei. Wiederum sagten andere Zeugen, dass sie am frühen Morgen des 28. April 1999 auch eine junge Frau an der Raststätte "Lorsch" wahrgenommen hätten, die ebenfalls durch ihr seltsames Verhalten aufgefallen war. Die Polizei ist davon überzeugt, dass es sich bei den Sichtungen auf der Raststätte "Lorsch" um die gleiche Frau gehandelt hat. Die weiteren Ermittlungen zeigten, dass die unbekannte Frau nach Kaiserslautern reisen wollte und schließlich den Bahnhof in Ludwigshafen aufgesucht habe. Dort verliert sich jedoch ihre Spur. Ob sie mit dem Säugling in Verbindung steht, konnte bis dato nicht geklärt werden.

Die unbekannte Frau mit einem unerklärlichen Verhalten wurde von Zeugen am Parkplatz "Jägersburger Wald" an der Autobahn 67 kurz vor Einhausen wahrgenommen. Außerdem wurde die unbekannte Frau auch von Zeugen an der Raststätte "Lorsch" an der Autobahn 67 kurz hinter Einhausen gesehen. Später soll sich die Frau am Bahnhof in Ludwigshafen aufgehalten haben. Dort verliert sich jedoch ihre Spur. 
Foto: Google Maps 

Fall wurde zu einem Cold Case 

Trotz der umfangreichen Ermittlungen konnten die Ermittler weder die Mutter des kleinen Mädchens identifizieren noch den Fall letztendlich aufklären. Der Fall wurde allmählich kalt und die Ermittlungen wurden eingestellt. Die Akte des Falls wurde jedoch nie geschlossen. Es sollte noch über zwei Jahrzehnte dauern, bis wieder Bewegung in den Fall kommt. 

Erneute Ermittlungen 

Im Jahr 2025, fast 26 Jahre nach dem Fund der Babyleiche in einem Waldstück am Parkplatz "Jägersburger Wald" der Autobahn 67 bei Einhausen, kommt wieder Bewegung in den Fall. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt und die Cold Case Unit des Polizeipräsidiums Südhessen haben die Ermittlungen in dem Fall aus dem Jahr 1999 wieder aufgenommen. Im Rahmen der wieder aufgenommenen Ermittlungen wurde 
der weibliche Säugling "Frieda" genannt.
Die Cold Case Unit des Polizeipräsidiums Südhessen ist auf der Suche nach der Mutter, der Frau von der Raststätte "Lorsch" und dem Hinweisgeber, der den Fund gemeldet hatte. Die Ermittler suchen auch nach Zeugen, die zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen können, deshalb wird auch in den Medien verstärkt auf den Fall erneut aufmerksam gemacht. 



Für die Polizei ist die Beantwortung folgender Fragen von Bedeutung:
  1. Wer kann Hinweise zur Identität von Kind und Mutter geben?
  2. Wer hat zwischen dem 27. und 28. April 1999 verdächtige Beobachtungen an der Raststätte Lorsch, dem Parkplatz "Jägersburger Wald" oder dem Bahnhof in Ludwigshafen gemacht?
  3. Wer kennt die Mutter von "Frieda"?
  4. Wer hat die Kenntnis von einer Schwangerschaft oder von der Entbindung [April 1999] einer Frau, die aus dem Raum Kaiserslautern, Ludwigshafen, Offenburg oder aus dem Kreis Bergstraße stammt und die in Folge ohne Kind gesehen wurde?
  5. Wer erkennt die Bekleidung von "Frieda" auf den veröffentlichten Lichtbildern?
  6. Wer erkennt die Decke auf den veröffentlichten Lichtbildern, in die "Frieda" eingewickelt war?
  7. Wer erkennt die Stimme des anonymen Hinweisgebers in der veröffentlichten Notrufaufnahme und kann den Mann identifizieren?
  8. Wer hat andere Beobachtungen oder Wahrnehmungen gemacht, die mit dem Tod von Baby "Frieda" in Zusammenhang stehen könnten?
  9. Wer hat sonstige Informationen zu diesem Fall?

Hinweise nehmen die Ermittler der Cold Case Unit des Polizeipräsidium Südhessen unter der Rufnummer 06151/969 44 600 oder per E-Mail unter  E-Mail coldcase.ppsh@polizei.hessen.de entgegen. 
Außerdem kann man sich auch an jede andere Polizeidienststelle wenden. 

Kurze Information 

Am kommenden Mittwoch, dem 22. Januar 2025 um 20.15 Uhr wird der Fall auch in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst" behandelt. Bitte schaut Euch die Sendung an.

Während der Ausstrahlung der Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst" wird ein Hinweistelefon geschaltet. Zeugen können sich unter der Rufnummer 06151 / 969- 44666 melden.

Vor bzw. nach der Sendung erreichen Sie die Ermittlerinnen und Ermittler
unter der Rufnummer 06151 / 969 - 0.

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