COLD CASE DES MONATS: Tötungsdelikt z. N. von Justus Hertig (1997)

Der Mord an Justus Hertig

Wer ist für den Tod von Justus Hertig verantwortlich?

Heute möchte ich Euch den neuen "Cold Case des Monats" vorstellen. Ich möchte diesen Monat auf einen niederländischen Cold Case aufmerksam machen. Ich wollte mich in diesem Blog eigentlich nur noch ausschließlich auf deutsche Kriminalfälle beschränken, aber es gibt manchmal auch Ausnahmen. Dann mache ich einen Abstecher in unsere Nachbarländer. Dieser Cold Case stammt aus dem Jahr 1997 und der Mord ereignete sich in Tilburg in der niederländischen Provinz Noord-Brabant. Der Fall konnte leider bisher nicht aufgeklärt werden. Ich werde den Fall in ein paar Tagen auch in meinem Zweitblog veröffentlichen, weil ich mich dort ausschließlich mit internationalen Vermissten- und Mordfällen beschäftige.

Der Mord an Justus Hertig ist seit 1997 ungeklärt. Wer ist für den Tod von Justus Hertig verantwortlich?
Foto: Google 

Der Fall Justus Hertig 

Justus Hertig wurde am 8. Januar 1969 in den Niederlanden geboren. Er hat eine Halbschwester namens Kiki. Der 28-jährige Justus Hertig lebte 1997 in Tilburg in der niederländischen Provinz Noord-Brabant. [Anm. Tilburg ist eine Gemeinde in der Provinz Noord-Brabant. Die Gemeinde umfasst die Stadt Tilburg und die Dörfer Udenhout, Berkel-Enschot und Biezenmortel. Tilburg liegt in der Mitte der Provinz, zwischen Breda im Westen und ’s-Hertogenbosch und Eindhoven im Osten. Von diesen Städten führen Autobahben und Eisenbahnstrecken sowie Kanäle für die Binnenschifffahrt nach Tilburg. Tilburg ist auch ein vielseitiger Industriestandort für Chemie, für Foto- und Bürobedarf ( wie beispielsweise Fuji] und für die Lebensmittelindustrie. Im Dienstleistungsbereich ist Tilburg der Hauptsitz einer Bank und zweier großer Versicherungsgesellschaften (Interpolis, CZ Groep). Dazu gibt es noch eine Vielzahl von kleineren Unternehmen aller Art. Außerdem hat Tilburg eine Universität, eine wichtige Musikhochschule und mehrere andere Fachhochschulen. Die Gemeinde Tilburg hat insgesamt 229.797 Einwohner.]

Justus Hertig lebte in Tilburg in der niederländischen Provinz Noord-Brabant. 
Foto: Google Maps 

Vater eines Sohnes 

Justus Hertig hat einen Sohn namens Ricardo. Im Jahr 1997 war Ricardo 6 Jahre alt. Ricardo spielte im Leben von Justus eine ganz große Rolle. Er liebte seinen Sohn sehr. Justus Hertig war ein entspannter und hilfsbereiter Mensch, der aber einen sehr ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit hatte. Justus Hertig war Familie sehr wichtig, deshalb hatte er zu allen Familienmitgliedern eine gute Beziehung. Justus war sehr beliebt und hatte  einen großen Bekannten- und Freundeskreis. Er war immer fröhlich und hatte Humor. Er ging gerne mit seinen Freunden aus und war einfach sehr gesellig. Justus stand mitten im Leben; er liebte sein Leben und genoss es in vollen Zügen. 

Justus Hertig [ganz rechts im Bild] war ein sehr beliebter junger Mann.
Foto: Privat 

Justus Hertig mit seinem Sohn Ricardo.
Foto: Privat 

Ein Abend mit Freunden 

Am 30. August 1997 [Samstag] war der 28-jährige Justus Hertig mit seiner Cousine Audy und zwei Freunden zusammen im Tilburger Nachtleben unterwegs. Der Abend verlief zunächst unauffällig. Die Stimmung war fröhlich und ausgelassen. Irgendwann machte Justus Hertig den Vorschlag, später noch das Café Bolle zu besuchen. Das Café Bolle liegt am Piusplein 8 in Tilburg. Das Café ist tagsüber ein Café und ein Restaurant. Am Abend wird das Café Bolle zu einer sehr angesagten Bar, wo auch immer wieder Livemusik angeboten wird.

Das Café Bolle liegt am Piusplein 8 in der Innenstadt von Tilburg. 
Foto: Google Maps 

Das Café Bolle. Hier wollte Justus Hertig mit seinen Freunden feiern gehen.
Foto: Google 

Die Auseinandersetzung 

Gegen 1.00 Uhr beschlossen Justus Hertig, seine Cousine und die zwei Freunde die Örtlichkeit zu wechseln und nun zum Café Bolle am Piusplein zu gehen. Obwohl sie diese Bar nicht oft besuchten, dachte Justus, dass es eine gute Idee wäre noch dort hinzugehen. Beim Hineingehen in das Café stieß ein Mann sehr aggressiv mit Audy zusammen. Es kam zu einem Streit. Zunächst kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung und der aggressive Mann machte den Vorschlag, die Sache draußen zu besprechen. Draußen eskalierte die Situation komplett und der Mann hatte plötzlich ein Messer in der Hand. Audy und der Mann mit dem Messer gerieten in einen heftigen Streit, bei dem Justus Hertig seiner Cousine zu Hilfe kam und sie beschützen wollte. Das machte den Mann noch aggressiver und er schwang sein Messer herum. Dabei traf der Mann Justus an der Schulter und flüchtete vom Tatort. 

Hier vor dem Café Bolle am Piusplein kam es im August 1997 zu der tödlichen Auseinandersetzung.
Foto: Google Maps 

Für Hirntot erklärt 

Justus war verletzt und verlor viel Blut, deshalb wurde sofort ein Krankenwagen gerufen. Anschließend wurde Justus in ein Krankenhaus gebracht. Im Krankenhaus stellte sich heraus, dass Justus Hertig sich das Schlüsselbein bei dieser Auseinandersetzung gebrochen hatte. Außerdem hatte der Stich mit dem Messer in die Schulter eine herznahe Arterie getroffen. Aufgrund der schweren Verletzungen fiel Justus Hertig ins Koma. Irgendwann stellten die Ärzte fest, dass Justus Hertig hirntot war und man nichts mehr für ihn tun konnte. Am 17. September 1997 starb Justus Hertig an den Folgen seiner Verletzung. 

Justus Hertig wollte nur seine Cousine Audy beschützen und den Streit schlichten, aber dafür bezahlte er mit seinem Leben.
Foto: Privat 

Die Autopsie 

Bei der Autopsie durch den zuständigen Rechtsmediziner wurde offiziell bestätigt, dass Justus Hertig an den Folgen einer einzigen Stichverletzung verstorben ist. Der Tod von Justus Hertig wurde von offiziell als Tötungsdelikt bzw. Mord eingestuft. 

Die Ermittlungen 

Die niederländische Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei Tilburg haben sofort mit der Untersuchung des Falls angefangen. Zunächst ging es "nur" um eine schwere Körperverletzung, aber mit dem Tod von Justus Hertig hat sich die rechtliche Situation verändert. Insgesamt war eine 25-köpfige Ermittlungsgruppe für den Fall Justus Hertig zuständig. Man hatte die Hoffnung, dass man mit so einer großen Ermittlungsgruppe den Mörder von Justus Hertig schnell identifizieren und festnehmen kann. Die Ermittler befragten viele Zeugen. Anhand von Zeugenaussagen konnte eine kompositorische Darstellung des Täters [Phantombild des Täters] erstellt werden. Mit diesem Phantombild ging die Polizei an die Öffentlichkeit. Auch die niederländische Fernsehsendung "Opsporing Verzocht" beschäftigte sich mit dem Fall und zeigte dem Publikum die Darstellung des Täters. [Anm. Die Fernsehsendung Opsporing Verzocht ist vergleichbar mit der deutschen Sendung "Aktenzeichen XY".]
Das Phantombild wurde auch an verschiedenen Schulen ausgehängt, da die niederländischen Strafverfolgungsbehörden vermuteten, dass sich der gesuchte Mann möglicherweise in Schülerkreisen bewegte. Außerdem wurde für Hinweise eine Belohnung von 35.000 Gulden ausgelobt, die zur Ergreifung des Täters führen. 

Phantombild des Täters von 1997.
So soll der Täter im August 1997 ausgesehen haben. Wer kann den Mann identifizieren?
Foto: Polizei 

Polizei erhielt zahlreiche Hinweise 

Bald gingen bei der Polizei zahlreiche Hinweise ein. Besonders ein Mann rückte in den Fokus der Ermittler. Dieser Mann hatte wohl eine große Ähnlichkeit mit dem Phantombild und hatte Zeugen erzählt, dass er mehr über den Fall wissen würde. Außerdem hatte der Mann plötzlich seine Haare in einer anderen Farbe gefärbt und auch erklärt, dass er Tilburg verlassen wollte. Durch diese ganzen Umstände wurde der Mann zu einem Verdächtigen im Mordfall Justus Hertig. 

Verdächtiger stellte sich freiwillig 

Am 10. Oktober 1997 meldete sich der verdächtige Mann im Mordfall Justus Hertig freiwillig bei der Polizeiwache in Tilburg-Noord. Bei dem Mann handelte es sich um einen 20-jährigen polnischen Staatsangehörigen, der in Tilburg lebte. Der junge Mann wurde festgenommen und sollte zwei Tage später der Staatsanwaltschaft in Breda vorgeführt werden. Der Mann war dann nur zehn Tage in Untersuchungshaft, da sich bald herausstellte, dass der Mann nichts mit dem Fall zu tun hatte. Nach Angaben der Polizei hatte der Mann mit seinen Aussagen vermutlich versucht, in seinem Umfeld anzugeben. Außerdem konnte keiner der zahlreichen Zeugen den Mann als Täter identifizieren. Deshalb wurde der Mann am 21. Oktober 1997 auf Anordnung der Staatsanwaltschaft wieder aus der Haft entlassen. 

Fall wurde allmählich kalt 

Nachdem der Mann aus der Untersuchungshaft entlassen worden war, gerieten die Ermittlungen zunehmend ins Stocken. Alle Hinweise verliefen letztendlich im Sande. Irgendwann hatten die Ermittler keine neuen Ermittlungsansätze mehr und die Ermittlungen wurden vorerst eingestellt. 

Erneute Ermittlungen 

Im Februar 2002 kam wieder Bewegung in den Fall, denn die Polizei in Tilburg erhielt einen interessanten Hinweis. Ein Mann hatte mehreren Personen [darunter waren auch Familienangehörige] erzählt, dass er Justus Hertig erstochen hatte. Die Polizei nahm die Ermittlungen auf und begann, die Telefongespräche des Mannes abzuhören. Und in einigen Telefonaten ging es dann tatsächlich um die Beteiligung dieser Person an der Ermordung von Justus Hertig. Im Herbst 2002 wurde beschlossen, den verdächtigen Mann festzunehmen.

Die Vernehmung

Im Verhörraum der Polizeiwache leugnete der Mann aus Tilburg seine verdächtigen Worte nicht. Er sagte, dass er diese Aussagen nur gemacht hätte, um sich mit der Tat zu profilieren. Er wollte sich ein bisschen härter machen, als er eigentlich war.
Der Mann bestritt, mit dem Mord an Justus Hertig etwas zu tun zu haben. Die Ermittler ließen den Mann von einem Psychiater untersuchen. Der Psychiater stellte fest, dass der Mann an einer Persönlichkeitsstörung litt. Die Störung könnte dazu führen, dass er sich härter darstellen möchte, als er tatsächlich ist. Das niederländische Gericht in Tilburg sprach den Mann am 26. März 2003 frei. Dem Richter zufolge hatte der Verdächtige eine härtere, nicht der Realität entsprechende Rolle übernommen. Der Tatverdächtige ähnelte auch nicht im Entferntesten der Beschreibung des Täters. Statt eines athletischen Typs mit sportlichem Erscheinungsbild wog der Tatverdächtige mehr als hundert Kilo. Kollegen des Mannes gaben außerdem an, dass er zum Zeitpunkt des Mordes stets mit einer auffälligen Goldkette über seiner Kleidung herumgelaufen sei. Kein einziger Zeuge der Ermordung von Justus Hertig sprach von einer Goldkette. Schließlich gab ein Zeuge, der den Tatverdächtigen von früher kannte, an, dass er zu 100 % sicher sei, dass er nicht der Täter sei.

Fall wurde erneut kalt

Nach dem Urteil des Gerichts standen die Ermittler mit leeren Händen da. Es gab weder neue Ermittlungsansätze noch Hinweise im Fall Justus Hertig. Die Ermittlungen wurden erneut eingestellt und der Fall wurde kalt. 

Der Schweigemarsch 

Nach dem Tod von Justus Hertig fand ein Schweigemarsch für die Opfer sinnloser Gewalt statt. Auch an der Heikese-Kirche in Tilburg wurde ein Denkmal aufgestellt. Es ist ein Kunstwerk von Guido Geelen und symbolisiert eine Vitrine, in der Angehörige, Freunde und Bekannte des Opfers persönliche Gegenstände unterbringen können. Die Objekte wechseln sich ständig ab.

Die Nachwirkungen 

Nach dem Mord an Justus Hertig wurde beschlossen, dass man am Wochenende mehr Polizisten in Tilburg einsetzen werde. Auch die Kneipenbesitzer einigten sich untereinander darauf, so wenig Happy Hours wie möglich zu veranstalten. Dies sollte verhindern, dass die Menschen von Kneipe zu Kneipe gehen, um sich günstig zu betrinken. Auch die Ausbildung von Türstehern war nun Pflicht. Ab dem 1. August 1998 müssen alle Türsteher zertifiziert sein.

Die Familie von Justus Hertig leidet bis heute sehr unter dem Verlust von Justus. Es schmerzt die Familie, dass der Täter bis heute nicht gefasst werden konnte und die Tat ungesühnt blieb. Die Familie kann nicht vergessen. Es gibt bis heute keinen Abschluss für sie. Sie werden nicht locker lassen, bis der Täter identifiziert ist, der für den Tod von Justus verantwortlich ist. Besonders Halbschwester Kiki beschäftigt sich immer wieder mit dem Fall. Ihre Gedanken kreisen oft um den Täter und sie fragt sich, was für eine Person der Täter ist? Hat er kein schlechtes Gewissen?
Hat dieser Mann jetzt eigene Kinder, die ausgehen? Und wie fühlt er sich dabei? Kiki wird weiterhin alles tun, um den Täter zu finden. 

Aktuelle Einstufung des Falls 

Der Tod von Justus Hertig wurde als Mord bzw als Tötungsdelikt eingestuft. Aktuell wird nicht aktiv in dem Fall ermittelt. Die Polizei ist auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen, um neue Ermittlungen anzustoßen. Jeder Hinweis könnte wichtig sein. 

Fragen an Zeugen:
  1. Wer hat in den frühen Morgenstunden des 31. August 1997 kurz nach 1.00 Uhr die folgenschwere Auseinandersetzung vor dem Café Bolle am Piusplein 8 in Tilburg [Provinz Noord-Brabant] wahrgenommen und noch nicht mit der Polizei gesprochen?
  2. Wer hat den Täter auf seinem Fluchtweg beobachtet?
  3. Wer kann den Mann auf dem Phantombild von 1997 identifizieren?
  4. Wer war gemeinsam mit dem gesuchten Mann in der Nacht zum 31. August 1997 im Café Bolle unterwegs? Es wird angenommen, dass der Mann nicht alleine im Café Bolle war.
  5. Wer weiß, wer für den Tod von Justus Hertig verantwortlich ist?
  6. Wer hat andere Beobachtungen gemacht, die mit der Auseinandersetzung vor dem Café Bolle am Piusplein in Tilburg und dem Tod von Justus Hertig in Zusammenhang stehen könnten?
  7. Wer hat sonstige Informationen zu diesem Fall?

Für die Hinterbliebenen ist es sehr wichtig, dass der Fall geklärt wird. Die Polizei bittet jeden, der etwas über den Fall oder den oder die möglichen Täter weiß, sich zu melden. 
Dies kann über die Investigation Tip Line unter der Rufnummer 0800-6070 erfolgen. 
Hinweise können Sie auch gerne über Report Crime Anonymous unter 0800-7000 abgeben.
Außerdem steht für Hinweise das Hinweisformular der Peter R. de Vries Stiftung zur Verfügung.

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