SCHWEIZ: Tötungsdelikt z. N. von Harry L. (2012)

Der Mord an Harry L.

Wer tötete Harry L. und warum?


Ich habe mich die letzten Tage erneut mit einem schweizer Cold Case beschäftigt und nun den Beitrag dazu fertiggestellt. Der Fall stammt aus dem Jahr 2012 und der Mord ereignete sich in Bad Ragaz, im Kanton St. Gallen, Schweiz. Der Fall ist bis dato ungeklärt.

Der Mord an Harry L. ist seit 2012 ungeklärt.
Wer tötete Harry L. und warum?

Foto: Google

Der Fall Harry L.

Harry L. wurde im Jahr 1966 in Deutschland geboren und ist dort auch aufgewachsen. Harry L. hatte die schweizerisch-deutsche Doppelbürgerschaft. Im Jahr 2012 lebte der 46-jährige Harry L. in Bad Ragaz, im Kanton St. Gallen, Schweiz. [Anm. Bad Ragaz ist eine politische Gemeinde im Kanton St. Gallen in der Schweiz. Der Name Ragaz wird auf der zweiten Silbe betont. Der Ort ist seit dem späten 19. Jahrhundert als mondäner Kurort bekannt, mit der Ruine der Burg Freudenberg hat er auch eine Sehenswürdigkeit aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Der Ort hat 5.205 Einwohner.]
Er hatte als Metzger in Landquart eine gute Anstellung und half nebenbei ab dem Jahr 2010 auch immer häufiger im Zoo Leopard in Bad Ragaz aus. Harry L. lebte als Untermieter in einer Wohnung des Zoos in der Heulösergangstrasse in Bad Ragaz. Er hatte sich von seiner Frau Anke L. getrennt und war aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Harry L. und Anke L. hatten zusammen zwei Kinder.

Harry L. lebte in Bad Ragaz, im Kanton St. Gallen, Schweiz.
Foto: Michelin

Harry L. lebte als Untermieter in einer Wohnung des Zoos in der Heulösergangstrasse in Bad Ragaz.
Hier wurde er auch getötet.
Foto: Google

Gute Seele des Zoos

Harry war die gute Seele des Zoos, half im Restaurant und kümmerte sich aufmerksam um die Tiere, darunter Affen, Tiger, Waschbären, Schlangen und Papageien. Da der Zoobesitzer bereits 65-jährig war, spielte er mit dem Ge­danken, sich vom Betrieb zurückzuziehen und diesen an Harry zu übergeben.

Harry L. war sehr beliebt

Die Freunde beschreiben Harry als gesellig und humorvoll, zudem als einen "Macher", der überall anpackte und mithalf. An der Viehschau und an Grümpelturnieren stand er als Metzger und Hobbykoch im Einsatz, bereitete köstlichen Spießbraten zu.

Fan des FC Bad Ragaz

Harry L. war ein großer Fußballfan. Vor ­allem der FC Bad Ragaz, der seine Heimspiele ein paar Schritte vom Zoo entfernt austrägt, lag ihm besonders am Herzen. Obwohl Harry L. in Deutschland aufgewachsen war, zeigte er sich gern mit rotem T-Shirt und weißem Kreuz auf der Brust, als glühender Fan der Schweizer Nationalmannschaft.

Die Entdeckung

Am Morgen des 10. September 2012 erlitt das Vermieter Ehepaar und Besitzerehepaars des Zoos den Schock ihres Lebens, als es sich vom Wohnzimmer im ersten Stock hinunter ins Restaurant begeben wollte. Vom Hintereingang im Parterre bis zum unteren Ende der Treppe zog sich eine lange Blutspur. Dann machte das Ehepaar eine schreckliche Entdeckung. Im Kellergeschoss lag der tote 46-jährige Harry L. blutüberströmt. Er war mit Klebeband gefesselt. Das Paar rief sofort die Polizei.

Die Polizei erreicht Tatort und Leichenfundort

Kurze Zeit später erreichte die Kantonspolizei St. Gallen den Tatort und den Leichenfundort Heulösergangstrasse in Bad Ragaz. Die Kriminaltechnik sperrte den Tatort ab und stellte Beweise und Spuren sicher. Für die Ermittler war sofort klar, dass Harry L. Opfer eines Gewaltverbrechens wurde. Die Leiche von Harry L. wurde für weitere Untersuchungen in das Rechtsmedizinische Institut gebracht.



Die Autopsie

Der Körper von Harry L. wurde von einem Rechtsmediziner untersucht. Der Rechtsmediziner konnte feststellen, dass Harry L. mit massiver Gewalteinwirkung angegriffen wurde. Das Opfer hat sich heftig gegen seinen Angreifer oder seine Angreifer gewehrt. Der Mörder stach wie im Rausch auf das Opfer ein. Das Opfer starb an den Folgen der Stichverletzungen. Der tödliche Stich muss mit enormer Kraft erfolgt sein. Die Kehle des Opfers und das Rückenmark auf der Höhe des Halswirbels waren durchtrennt worden. Der genaue Todeszeitpunkt wurde auf die frühen Morgenstunden des 10. September 2012 in der Zeit zwischen 1.00 und 7.00 Uhr festgelegt.

Die Rekonstruktion der Tat

Den Ermittlern gelang es, Teilbereiche und Abläufe der Tat zu rekonstruieren. In der Nacht vom Sonntag, dem 9. September auf den Montag, den 10. September 2012 schien alles ruhig in der Umgebung des Zoos zu sein. Es gab keine Zeugen. Niemand ­hatte etwas vom tödlichen Drama gesehen oder gehört. Selbst der Hund vom nahe gelegenen Landwirtschaftsbetrieb, der sonst immer auf Geräusche oder Lärm reagierte, ­bellte in dieser Nacht nicht. Die Täter müssen leise und unbemerkt angeschlichen haben. Es gab ­keine Spuren eines gewaltsamen Eindringens ins Wohnhaus des Zoos. Der Mörder hat möglicherweise nachts an der Tür geläutet, und Harry L. hat seinem Mörder die Tür geöffnet. Dann müssen sich die Ereignisse überschlagen haben, das Opfer muss sich heftig gewehrt haben. Die Täter verfolgten oder der Täter verfolgte Harry L. jedoch in den Keller hinunter. Dann wieder das Opfer gefesselt. Anschließend stach der Mörder mit einem Messer wie in einem Rausch auf Harry L. ein. Der tödliche Stich muss mit enormer Kraft erfolgt sein. Wie ich schon erwähnte, wurde Kehle des Opfers und das Rückenmark auf der Höhe des Halswirbels durchtrennt.

Die Ermittlungen

Zunächst verdächtigte die Polizei den Vermieter und Besitzer des Zoos, Harry L. getötet zu haben. Das Untersuchungsamt St. Gallen stellte aber letztendlich das Verfahren gegen den Mann wegen vorsätz­licher Tötung ein. Es gebe keine handfesten Beweise, lautete die Begründung. Das Tatwerkzeug, ein Messer, wurde nie gefunden. Und die Freundin des Verdächtigen gab gegenüber der Polizei an, dass ihr Lebensgefährte vor Mitternacht bereits zu Hause gewesen sei. Daran erinnerte sie sich, denn das Geschrei der beiden Papageien habe sie geweckt. Die Tat geschah jedoch am Morgen früh zwischen 1.00 und 7.00 Uhr und um diese Zeit war er laut der Frau schon längst im Bett gewesen. Zudem hat die Polizei auch kein Motiv gefunden, warum der Mann den 46-jährigen Harry L. getötet haben könnte. Es gab keinen Konflikt, im Gegenteil, das Verhältnis war sehr gut zwischen ihm und dem Opfer.

Eine Spur folgte nach Deutschland

Die Polizei verfolgte weitere Spuren. Eine Spur führte nach Deutschland, wo Harry auch nach seinem Wegzug in die Schweiz häufig ver­kehrte. Dort fanden manchmal rauschende Feste statt, bei denen das Bier nur in Strömen floss. Beteiligt ­waren auch zwielichtige Gestalten, mit denen Harry L. Streit hatte und in eine Schlägerei verwickelt gewesen sein soll. Waren es Männer aus Harrys deutscher Heimat, die an ihrem Kumpel Rache nahmen?

Fleischdiebstahl in der Metzgerei in Landquart

In den Fokus der Ermittler geriet auch ein Fleischdiebstahl grösseren Ausmasses in der Metzgerei in Landquart, wo Harry L. arbeitete. Welche Rolle spielte Harry L. bei dem Diebstahl? War er möglicherweise eingeweiht und wollte die Täter auffliegen lassen? Hatte er sich mit Metzger­kollegen überworfen und sich am Arbeitsplatz in Landquart tödliche Feindschaft gemacht?

Waren mehr Täter an der Tat beteiligt?

Letztlich stellte sich im Mordfall von Harry L. auch die Frage, ob vielleicht auch zwei Täter am Werk waren. Harry war sportlich und hatte eine athletische Statur. Ein einzelner, noch so kräftiger Mann hätte Mühe gehabt, Harry L. zu überwältigen, zu fesseln und zu töten.

Tigerweibchen getötet

Der Schock bei der Bevölkerung in der Region sass tief, da passierte im März 2013, ein halbes Jahr nach der Ermordung von Harry L., ein weiteres tödliches Drama im Zoo von Bad Ragaz. Die 16-jährigen Tiger­weibchen Bagira und Sira wurden vergiftet und starben qualvoll. Es stellte sich heraus, dass die Tiger ein vergiftetes Kalb verzehrt hatten, das an den Zoo geliefert worden war. Bis heute ist unklar, woher das Kalb stammte. Und ob die Tötung der beiden Tiger im Zusammen­hang mit dem Mord an Harry L. steht.

Fall wurde kalt

Trotz umfangreicher und intensiver Untersuchungen verliefen alle Ermittlungen letztendlich im Sande. Der Fall wurde allmählich kalt und es gab keine neuen Ermittlungsansätze mehr. Die Ermittler wandten sich anderen Fällen zu.

Zoo musste schließen

Nach diesen Dramen und den zahlreichen Negativschlagzeilen, die in den Medien folgten, war das Schicksal des Zoos besiegelt. Bereits vorher gab es Auseinan­dersetzungen mit Tierschützern. Jetzt war der Ruf des Zoos endgültig ­ruiniert, die Besucher blieben aus. Das Besitzerehepaar entschloss sich, den Zoo zu schließen und die Liegenschaft zu verkaufen. Heute trifft man am Standort des ­früheren Zoos auf eine Hunde­pension.

Erneute Ermittlungen

­Nun rollt die Kantonspolizei den Fall erneut auf und wendet sich mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit. Die mögliche Tatwaffe soll neue Erkenntnisse bringen. Einen Durchbruch erhoffen sich die Strafverfolgungsbehörden von einem Messer aus Edelstahl, der Griff schwarz-gelb, die Klinge rund 20 Zentimeter lang und mit Rostflecken versehen.

Die mögliche Tatwaffe.
Foto: Polizei



Gravierung auf der Klinge des Messers und Rostflecken.
Foto: Polizei

Weitere Gravierung des Herstellerlandes auf der Klinge.
Foto: Polizei

Das Messer in der kompletten Ansicht.
Foto: Polizei

Das mögliche Tatwerkzeug wurde Monate nach dem Delikt im Umfeld des Tatorts gefunden, wie es im Aufruf heißt. Es konnte jedoch damals nicht eindeutig als Tatwaffe identifiziert werden. Weiterentwickelte kriminaltechnische Möglichkeiten rücken das Messer nun wieder in den Fokus.

Fragen zu Herkunft und Besitzer des Messers:
  1. Wer kann Angaben zum Messer betreffend Herkunft machen?
  2. Wer weiss, wer im Besitz eines solchen Messers war?
  3. Wer hat vor oder kurz nach dem Tatzeitpunkt ein solches Messer gesehen?
  4. Wurde jemandem ein solches Messer vor dem 10.09.2012 entwendet?

Weitere Fragen der Ermittler:
  1. Wer hat in der Nacht vom 9. September auf den 10. September 2012 im Umfeld des Zoos in der Heulösergangstrasse in Bad Ragaz, im Kanton St. Gallen, eine verdächtige Person oder verdächtige Personen wahrgenommen?
  2. Wer hat zur tatrelevanten Zeit am 10. September 2012 in der Zeit zwischen 1.00 Uhr und 7.00 Uhr, verdächtige Beobachtungen oder Wahrnehmungen im Bereich des Zoos in der Heulösergangstrasse in Bad Ragaz gemacht?
  3. Wer kann Angaben zum Umfeld, zu den Kontakten oder zu den Gewohnheiten von Harry L. machen?
  4. Wer kannte Harry L. und kann mehr über ihn erzählen?
  5. Wer weiß, ob Harry L. in irgendwas verwickelt war oder etwas von kriminellen Aktivitäten wusste?
  6. Wer kennt die genauen Umstände und Hintergründe dieses Mordes?
  7. Wer weiß, wer für den Mord an Harry L. verantwortlich gewesen sein könnte?
  8. Wer weiß, ob Harry L. mit irgendjemanden einen Konflikt hatte?
  9. Wer kann Angaben zu den vergifteten Tigerweibchen machen?
  10. Wer hat sonstige Informationen zu dem Fall?

Hinweise nimmt das Polizeikommando St.Gallen unter der Rufnummer [Vorwahl Schweiz]+(058 229 49 49) entgegen.

In eigener Sache

Wenn ihr Lust habt, dann schaut doch auch gerne mal in meinen Zweitblog rein. Dort beschäftige ich mich mit [un-]geklärten Vermissten- und Mordfällen weltweit. 

Dort gibt es auch zwei besondere und sehr beliebte Formate. Es gibt dort das wöchentliche Format "Cold Case der Woche" und das monatliche Format "John und Jane Doe des Monats". Die aktuellen Beiträge der Formate habe ich Euch verlinkt.

Ich würde mich wirklich sehr über Euren Besuch freuen. Vielen Dank!

TRUE CRIME by Germanmissing

Liebe Grüße

Natalia

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

HANNOVER: Vermisst Inka Köntges (2000)

UPDATE/BAYREUTH: Tötungsdelikt z. N. von Daniel Witzig (2020)

MIDLUM: Vermisst Anja Beggers (1977)